Metaanalyse: Nüchternblutzucker-Schwellenwert und diabetische Retinopathie
Zur Diabetesdiagnose wurde von der WHO und der American Diabetes Association ein Nüchternblutzucker-Schwellenwert von 7.0 mmol/l festgelegt. Für eine sichere Aussage über das Vorhandensein bzw. Auftreten einer diabetischen Retinopathie scheint dieser Schwellenwert jedoch zu ungenau zu sein.
Für die Analyse wurden die Daten der Blue Mountains Eye Study (BMES, n=3’162), der Australien Diabetes, Obesity, and Lifestyle Study (AusDiab, n=2’182) sowie der Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis (MESA, n=6’079) herangezogen. In allen drei Studien wurde die Mehrfeld-Fundus-Fotografie zur Diagnose einer Retinopathie eingesetzt. Die Stadieneinteilung der Retinopathie erfolgte anhand der modifizierten Airlie House Klassifikation und der Nüchternblutzucker wurde venös bestimmt.
Die Gesamtprävalenz der Retinopathie reichte von 9.6% in AusDiab über 11.5% in BMES bis zu 15.8% in MESA. Es zeigte sich kein deutlicher und übereinstimmender Nüchternblutzucker-Schwellenwert für das Vorhandensein oder Auftreten einer Retinopathie. Der vielfach verwendete Grenzwert von 7.0 mmol/l hatte bezüglich Retinopathie nur eine Sensitivität von unter 40%, die Spezifität lag zwischen 80.8% und 95.8%.
Konklusion der Autoren: In den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zeigte sich kein einheitlicher Nüchternblutzucker-Schwellenwert für das Vorhandensein bzw. Auftreten einer Retinopathie. Der gegenwärtig geltende Schwellenwert von 7.0 mmol/l als Diagnosekriterium für Diabetes sei unzureichend, um zwischen Patienten mit oder ohne Retinopathie zu trennen und wäre demnach neu zu überdenken.
Lancet 2008;371:736-743 - Wong TY et al
04.03.2008 - gem