Veränderte Praxis bei früher Rheumatoider Arthritis
Frühere Diagnose und frühere Behandlung der Rheumatoiden Arthritis finden zunehmende Akzeptanz.
Titel
Attitudes to early rheumatoid arthritis: changing patterns. Results of a survey.
Autoren
Aletaha D, Eberl G, Nell VPK, Machold KP, Smolen JS
Quelle
Ann Rheum Dis 2004;63:1269-1275
Abstract |
Fragestellung
Haben Rheumatologen ihr Verhalten betreffend Diagnose und Behandlung der frühen Rheumatoiden Arthritis geändert?
Hintergrund
Die Definition der Rheumatoiden Arthritis beruht auch heute noch auf Kriterien, welche an Patienten mit bereits langer Krankheitsdauer etabliert worden sind. Diese Kriterien eignen sich deshalb nicht, Früherkrankungen aufzudecken.
Die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass frühe und aggressive Behandlung der Rheumatoiden Arthritis sehr wichtig ist, um die Langzeitresultate entscheidend zu verbessern. Auf diesem Hintergrund fragten sich Autoren dieser Studie, ob sich das Verhalten in Bezug auf Diagnostik und Behandlung bei den Rheumatologen in den letzten Jahren geändert hat.
Methoden
Fragebogen
Der Fragebogen war gegliedert in:
- Definition der früheren Rheumatoiden Arthritis (RA)
- Zeitpunkt der Überweisung von potentiellen Patienten mit früher RA
- Diagnosekriterien
- Konsultationsfrequenz
- Behandlungsstrategien
Fragebogen wurden abgegeben in den Jahren 1997, 2000 und 2003.
Adressaten
Der erste Fragebogen wurde am EULAR-Symposium 1997 verteilt. 85 Rheumatologen füllten diesen vollständig aus und bekamen einen Fragebogen auch in den Jahren 2000 und 2003. In diesen Folgejahren antworteten 44 (52%), bzw. 46 (54%) die Fragebogen. Die 29 Rheumatologen, welche in den Jahren 2000 und 2003 nicht antworteten, wurden von der Analyse ausgeschlossen (34%). Unter den Ersteinsendern waren 53% Angehörige von Universitäten, 39% arbeiteten in Stadtspitälern und 8% in Privatpraxen.
Resultate
Definition der Früh-RA
Über die Jahre 1997-2003 zeigte sich eine Verschiebung der als notwendig erachteten Anzahl Gelenke bei Früh-RA von der polyartikulären (6 oder mehr befallene Gelenke) oder oligoartikulären Krankheit (mehr als 2 Gelenke).
Zeitpunkt der Patientenüberweisung
Der Prozentsatz der Rheumatologen, welche Patienten innerhalb von 6 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome untersuchen konnten, stieg von 8.1% im Jahre 1997 auf 17.4% im Jahre 2003. Allerdings gaben im Jahre 2003 17.4% der Rheumatologen eine Dauer bis zur ersten Konsultation von über 12 Monaten an (im Jahre 2000 betrug dieser Prozentsatz nur 6.8%).
Serologie für Frühdiagnose
Der Rheumafaktor wurde von fast allen Rheumatologen getestet. Der neue Test der Anti-CCP-Antikörper wurde im Jahre 2003 von 17.4% zusätzlich verwendet.
Frequenz der Kontrolluntersuchungen
Initial zweiwöchentliche Kontrolluntersuchungen verdoppelten sich in den 6 Jahren von 16.1% auf 30.4%.
Basistherapie
Während im Jahre 1997 noch 7.3% der Rheumatologen mit der Basistherapie zuwarteten bis zum Auftritt von Knochenerosionen, war dies in der Folge nicht mehr der Fall. Einen Behandlungsbeginn erachteten 1997 noch 30.9% der Rheumatologen bereits bei Verdacht auf RA als gegeben, dieser Prozentsatz stieg bis zum Jahre 2003 auf 46.7%.
Zu jenem Zeitpunkt war Methotrexat Medikament erster Wahl mit klarem Abstand zu Sulfasalazin. Über die 6 Jahre nahmen die Anwendungen von Antimalarika um 1/3, jene von Gold um 2/3 ab. Steroide wurden zunehmend weniger angewandt.
Diskussion durch die Autoren
Die Mehrzahl der Rheumatologen verlangt keine Polyarthritis für die Diagnose einer Früh-RA, für viele reicht eine Oligoarthritis und für immerhin 17% sogar eine Monarthritis.
Der Anti-CCP-Antikörper-Test wurde in den letzten Jahren vermehrt als diagnostische Hilfe eingesetzt. Frühzuweisungen wurden in den letzten Jahren häufiger. Ebenso stieg die Zahl der Kontrollvisiten (engmaschige Überprüfung der Therapie). Basistherapien starteten früher (niemand wartete mehr auf Erosionen). Methotrexat erhielt in den letzten Jahren einen sehr hohen Stellenwert.
Die schlechte Definition einer Früh-RA verhindert wohl eine noch raschere Umstellung auf eine aggressive Therapie. Die Studie zeigt, dass das Konzept von Frühdiagnose und Frühbehandlung bei RA von den Rheumatologen mehr und mehr umgesetzt wird.
Zusammenfassender Kommentar
Die Notwendigkeit von Frühdiagnose und früher Behandlung bei RA ist heute unbestritten. Teilweise vermag die vorliegende Studie den Beweis zu erbringen, dass diese Erkenntnisse auch langsam umgesetzt werden. Leider ist die Zahl der Studienteilnehmer gering und auch ihre Herkunft überwiegend Spital bezogen, so dass sichere Rückschlüsse auf die gegenwärtige Umsetzung in der Praxis mit Vorsicht zu ziehen sind.
Besprechung von Prof. Dr. med. Beat A. Michel, Klinikdirektor Rheumaklinik und Institut für Physikalische Medizin, Universitätsspital Zürich.
Ann Rheum Dis 2004;63:1269-1275 - D. Aletaha et al
07.02.2005 - dde