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Topiramat zur Migräne-Prophylaxe

Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Multizenterstudie.

Titel

Topiramate for migraine prevention: a randomized controlled trial.

 

Autoren

Brandes JL, Saper JR, Diamond M, Couch JR, Lewis DW, Schmitt J, Neto W, Schwabe S, Jacobs D; MIGR-002 Study Group.

 

Quelle

JAMA. 2004 Feb 25;291(8):965-973

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Wie wirksam ist das Antiepileptikum Topiramat in der Prophylaxe von Migräneattacken?

 

Hintergrund

Der Bedarf nach wirksamen und doch gut verträglichen Substanzen zur medikamentösen Migräneprophylaxe ist nach wie vor aktuell. Bisher zeigten nur kleinere, unverblindete Studien, dass Topiramat auch zur Migräneprophylaxe wirksam ist. Mit der vorliegenden grösser angelegten Studie soll dieses Interventionsgebiet für Topiramat näher beleuchtet werden. Topiramat ist seit kurzem zur Migräneprophylaxe in der Schweiz zugelassen.

 

Methoden

Studiendesign

Randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Multizenterstudie.

 

Setting

483 ambulante Patienten von 52 medizinischen Institutionen aus Nordamerika wurden in die Studie randomisiert.

 

Einschlusskriterien

Migränepatienten im Alter von 12-65 Jahren mit 3-12 Migräneattacken pro Monat, seit einem halben Jahr, wurden anhand der Kriterien der International Headache Society in die Studie eingeschlossen.

 

Ausschlusskriterien

Andere Kopfschmerzarten, unzureichende Wirksamkeit von mehr als 2 vorhergehenden prophylaktischen Therapieversuchen, Komedikationen wie Betablocker, Antidepressiva, Antiepileptika, Kalziumkanalblocker, MAO-Hemmer, usw.

 

Intervention

Nach einer bis zu 14-tägigen Auswaschperiode erfolgte eine Randomisierung zu einer der 3 Topiramatgruppen: 50 mg/d (n = 120), 100 mg/Tag (n = 122) und 200 mg/Tag (n = 121) oder zur Kontrollgruppe (Placebo, n = 120). Während 8 Wochen wurde Topiramat wöchentlich um 25 mg bis zur Zieldosis oder bis zur Toleranzgrenze auftitriert. Danach erfolgte die Erhaltungstherapie mit der erreichten Dosis für 18 Wochen. Die Medikation erfolgte morgens und abends. Häufigkeit, Intensität und Begleitsymptome wurden von den Patienten in Tagebüchern festgehalten.

 

Primärer Endpunkt

Reduktion der Migräneattacken pro Monat.

 

Sekundäre Endpunkte

Patientenzahl mit einer mindestens 50%igen Reduktion der monatlichen Migränefrequenz (Ansprechrate), Abnahme der Migränetage pro Monat, Schwere und Dauer der Kopfschmerzen sowie Bedarf an Notfallmedikation.

 

Beobachtungsdauer

26 Wochen, mittlere Studiendauer der Topiramatgruppe: 127 Tage, der Placebogruppe: 134 Tage.

 

Resultate

Vergleich der Endpunkte

Die monatliche Anzahl an Migräneattacken und die Anzahl Migränetage pro Monat wurden in der Topiramatgruppe mit 100 mg/Tag und 200 mg/Tag im Vergleich zu Placebo reduziert. Dieser Effekt trat innerhalb eines Monats auf und hielt an. Bei der Gruppe mit Topiramat 50 mg/Tag war dieser Unterschied nicht signifikant. Die Ansprechrate (Reduktion der Migränefrequenz um mehr als 50%) war bei Topiramat signifikant höher (bei 50 mg/Tag 39%,
100 mg/Tag 49%, 200 mg/Tag 47% vs. Placebo 23%). Die Intensität der Kopfschmerzen verringerte sich nur in der Topiramatgruppe mit 100 mg/Tag gegenüber Placebo. Der Bedarf an Notfallmedikamenten war bei den beiden höheren Dosierungen von Topiramat signifikant niedriger als unter Placebo. Die Patienten mit Topiramat zeigten einen Gewichtsverlust von 2.2-4.6% gegenüber einer leichten Gewichtszunahme im Kontrollarm.

 

Nebenwirkungen

Die Rate der Studienabbrecher war in der Placebogruppe 48% (57 von 120) und in den Topiramatgruppen wie folgt: 50 mg/Tag 51%, 100 mg/Tag 48%,
200 mg/Tag 42%. Im Placeboarm wurde die Studie meist aufgrund eines fehlenden Behandlungseffekts abgebrochen und bei den Topiramatarmen aufgrund von Nebenwirkungen (v.a. Parästhesien, Müdigkeit und Übelkeit).

 

Diskussion durch die Autoren

In früheren Studien, vor und nach den IHS-Guidelines, zeigten Wirkstoffe mit Klasse-1-Daten (Propanolol, Amitryptilin, Valproinsäure) eine ungefähr 50%ige Responderrate. Die Ergebnisse dieser aktuellen Studie zeigten Topiramat als vergleichbar wirkungsvolles Medikament zur Migräneprophylaxe, das bereits nach einem Monat gegenüber Placebo signifikant effektiver war und dessen Wirkung bis zum Studienende anhielt. Punkto Sicherheit zeigte Topiramat ein akzeptables Nebenwirkungsprofil, jedoch sind gepoolte Analysen grösserer angelegter Studien mit längerem Follow-up zur vollständigeren Beleuchtung des Sicherheitsprofils notwendig. Neben den akuteren Nebenwirkungen war auch eine dosisabhängige Gewichtsreduktion zu beobachten.

Gemäss dieser Studiendaten scheint eine langsame Titration mit einer Zielgesamtdosis von 100 mg/Tag in 2 Einzeldosen empfehlenswert.

 

Zusammenfassender Kommentar

Topiramat ist ein Antikonvulsivum, welches sich bei der Migräneprävention in dieser und in einer weiteren grossen placebokontrollierten Studie (Silberstein et al, Topiramat in Migraine Prevention, Arch Neurol 2004;61:490-495) als effektiv erwiesen hat. Bereits nach einem Monat war die Reduktion der Migräneattacken pro Monat verglichen zu Placebo signifikant und verringerte sich bis Studienende nicht.
Am AAN 2005 wurden mehrere Studien zur Wirkung von Topiramat bei Migräne vorgestellt. Insgesamt kann zusammengefasst werden, dass 100 mg Topiramat auch über längere Zeit (in einer Studie über 14 Monate) effektiv und sicher angewendet werden kann. Diamond et al kamen zum Schluss, dass Topiramat die Lebensqualität von Migränebetroffenen signifikant verbessern kann. Topiramat 100 mg/Tag scheint eine gute Alternative zu den bisher verwendeten Wirkstoffen (Valproinsäure, Propanolol, Amitryptilin) zu sein.

Erwähnt sei noch eine interessante Studie von Dodick et al, welche zeigte, dass die Einnahme von Topiramat zur Migräneprophylaxe die Wirkung der Triptane im Anfall verstärken könnte. Dies war jedoch eine retrospektive Analyse und prospektive Daten müssen diese Hypothese erst noch bestätigen.

Studien über eine längere Behandlungsdauer sind erforderlich, um die Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil des Antiepileptikums Topiramat 100 mg/Tag für dieses neue Indikationsgebiet besser abschätzen zu können.

 

 

Besprechung von Dr. med. Gerhard Emrich, Mediscope Knowledge Center

JAMA 2004;291(8):965-973 - J. L. Brandes et al

29.07.2005 - dde

 
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