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Paroxetin versus Placebo

Eine Vergleichsstudie bei generalisierter sozialer Angststörung.

Titel

A Randomized, Double-Blind, Fixed-Dose Comparison of Paroxetine and Placebo in the Treatment of Generalized Social Anxiety Disorder.

 

Autoren

Michael R. Liebowitz, M.D.; Murray B. Stein, M.D.; Manuel Tancer, M.D.; David Carpenter, R.Ph., M.S.; Rosemary Oakes, M.S.; and Cornelius D. Pitts, R.Ph.

 

Quelle

J Clin Psychiatry 2002; 63:66-74

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Wirkt Paroxetin (in verschiedenen Tagesdosen) bei der Behandlung der generalisierten sozialen Angststörung signifikant besser als Placebo?

 

Hintergrund

Die vorliegende multizentrische, placebokontrollierte Doppelblindstudie diente zur Ermittlung der Wirksamkeit und Sicherheit von Paroxetin in verschiedenen Tagesdosierungen zur Behandlung der generalisierten sozialen Angststörung.

 

Methoden

Studiendesign / Intervention

Doppelblindes Studiendesign über 12 Wochen in 22 Studienzentren in USA und Kanada. Auf eine einwöchige, einfachblinde Placebogewöhnungsphase folgte eine zwölfwöchige doppelblinde Behandlungsphase. Insgesamt wurden 384 geeignete Patienten, welche die DSM-Kriterien für das Vorliegen einer sozialen Angststörung erfüllten, mittels Randomisierung im Verhältnis 1:1:1:1 einer einmal täglichen Behandlung mit Paroxetin 20 mg (n = 97), 40 mg (n = 95) oder 60 mg (n = 97) bzw. Placebo (n = 95) zugeteilt. Psychotrope Komedikation war nicht erlaubt, ausser Chloralhydrat bis 1’000 mg/Tag gegen Schlafstörungen.


Setting

Nur ambulant behandelbare Patienten.

 

Einschlusskriterien 

Diagnostizierte generalisierte soziale Angststörung nach modifizierter Version des Structured Clinical Interview for DSM-IV (SCID) mit mindestens vier Angstsituationen (davon min. zwei interaktionelle Situationen) während den letzten sechs Monaten.

 

Ausschlusskriterien
  • Verbesserung der Symptome innerhalb der run-in Phase von 1 oder 2 auf der CGI-I-Skala, oder um 15 oder mehr Items auf der Hamilton-Skala (17-Item-Version)
  • Ernsthafte andere psychiatrische Leiden, Substanzabusus, deutliche Suizidalität
Primäre Endpunkte
  • Veränderung des LSAS-Totalscore (Liebowitz Social Anxiety Scale)
  • Anteil der Patienten mit dem Score von 1 und / oder 2 auf der CGI-I-Skala
Sekundäre Endpunkte
  • Veränderung des LSAS-Subscore
  • Veränderung von CGI-Severity of Illness (CGI-S), Social Avoidance and Distress Scale und SDS
  • Veränderung des Score auf der 17-Item-Hamilton-Skala
Beobachtungsdauer

12 Wochen.

 

Resultate

Patienten

Von 451 für die Studie vorgesehenen Patienten erfüllten 67 die Einschlusskriterien nicht. Zu Beginn der Studie litten 3.9% an einer Depression und 2.9% an einer Angststörung, 6.8% wurden mit SSRIs vorbehandelt. Der typische Patient war ca. 37 Jahre alt und männlich. 242 von 384 (63%) Patienten konnten gemäss dem Protokoll ausgewertet werden.

 

Vergleich der Endpunkte

Bei den Analysen unter Berücksichtigung der letzten Beobachtung (LOCF) war bei den mit 20 mg Paroxetin pro Tag behandelten Patienten eine signifikant stärkere Verbesserung des mittleren LSAS-Gesamtscore festzustellen im Vergleich mit den Patienten, die Placebo erhielten (p < 0.001). Die Inzidenz von Respondern auf der Grundlage der CGI-I-Bewertung war bei der Behandlung mit Paroxetin 40 mg/Tag signifikant grösser als bei Placebo (p < 0.012). Auch die mit 20 bzw. 60 mg/Tag Paroxetin behandelten Patienten zeigten deutlich bessere Resultate beim sozialen Score der Sheehan Disability Scale als die mit Placebo behandelten Patienten (p < 0.019). Weiter ergaben sich signifikante Unterschiede zwischen Placebogruppe und den Paroxetingruppen mit Dosen von 20 bzw. 40 mg/Tag hinsichtlich des erzielten LSAS-Gesamtscore und der Ansprechrate (p < 0.006). Es kam zu keinen schweren unerwünschten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Paroxetinbehandlung.

 

Diskussion durch die Autoren

Paroxetin 20 mg/Tag hat sich als wirksame und sichere Behandlung für Patienten mit einer generalisierten sozialen Angststörung erwiesen, indem es Verbesserungen bei den Punkten soziale Angst, Vermeidung sozialer Wechselwirkungen, soziale Behinderung und klinischer Allgemeinzustand herbeiführt. Ob aus diesen Ergebnissen Schlussfolgerungen über detaillierte Richtlinien für die Paroxetin-Dosissteigerung bei sozialen Angststörungen gezogen werden können, kann erst nach weiterführenden Analysen der vorhandenen Daten beantwortet werden.

 

Zusammenfassender Kommentar

Diese korrekte Multizenterstudie unter der Leitung von anerkannten Experten hat den höheren Dosierungen sowie Neben- und Wechselwirkungen besondere Beachtung geschenkt. Im klinischen Alltag wäre die Dosis zu fokussieren, da die vorliegende Studie wenig Informationen über den Einsatz von höheren Paroxetindosen bietet. Bei nachgewiesener Wirksamkeit vom Medikament sollte immer an die Devise «start low and go slow» gedacht werden.

 

Im 95% der Fälle beginnt der Leidensweg vieler Patienten mit einer sozialen Phobie bereits im Schulalter, ein grosser Teil bleibt infolge Komorbidität (Depression, Angstsyndrom, Essstörung, Suchmittelabhängigkeit) undiagnostiziert. Von der Umgebung werden die betroffenen Menschen als schüchtern oder ungesellig bezeichnet. Sie meiden soziale Kontakte und suchen daher selten Hilfe oder gehen von sich aus zum Arzt.

 

Dies ist vor allem deshalb fatal, weil es effektive Behandlungsmöglichkeiten gibt. Die grössten Erfolgschancen bieten sich bei Therapie mit SSRI/SNRI, insbesondere Paroxetin, sowie Venlafaxin. Diese Substanzen spielen eine wichtige Rolle in der mittel- und langfristigen Behandlung der Angst. Eine Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren ist sinnvoll. Die Benzodiazepine können kurzfristig in der Angstbehandlung eingesetzt werden. Bei umschriebenen Formen der sozialen Phobie («performance anxiety») können b-Blocker helfen.

 

 

Besprechung von Dr. med. Renata Siljevic, UPD DSGP, Bern

 

J Clin Psychiatry 2002; 63:66-74 - M. R. Liebowitz et al

14.02.2004 - dde

 
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