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PTCA oder Stent

Ein Vergleich zwischen PTCA und Stent – mit oder ohne Thrombolyse mit Abciximab – beim akuten Herzinfarkt.

Titel

Comparison of angioplasty with stenting, with or without abciximab, in acute myocardial infarction.

 

Autoren

Stone GW, Grines CL, Cox DA, Garcia E, Tcheng JE, Griffin JJ, Guagliumi G, Stuckey T, Turco M, Carroll JD, Rutherford BD, Lansky AJ; The Controlled Abciximab and Device Investigation to Lower Late Angioplasty Complications (CADILLAC) Investigators.

 

Quelle

N Engl J Med 2002 Mar 28;346(13):957-66

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Die Studie versucht zwei Fragen bei Patienten mit akutem Herzinfarkt zu beantworten: Erstens, ist ein Stent-Implantat der PTCA überlegen? Zweitens, ist der alleinige Einsatz des Stents mindestens gleichwertig gegenüber der PTCA kombiniert mit Abciximab? Beide Fragen werden im Hinblick auf wiederauftretende Ischämie sowie Restenosierung und erneuter Verschluss der betroffenen Koronararterie untersucht.

 

Hintergrund

Im Vergleich zur thrombolytischen Reperfusion weist die primäre transluminale Koronarangioplastie (PTCA) eine höhere Rekanalisierungsrate der vom Infarkt betroffenen Arterie auf, verbessert die Überlebenschancen und vermindert das Risiko für Reinfarkt und Schlaganfall beim akuten Herzinfarkt. Bei 10% bis 15% der behandelten Patienten tritt jedoch innerhalb eines Monates erneut eine Ischämie auf und 3% bis 5% erleiden einen Reinfarkt. Die vorliegende Studie untersucht ob der Einsatz von Stent-Implantaten zu einer Verbesserung dieser Situation führt.

 

Methoden

Studiendesign

Multicenter, prospektive, randomisiert kontrollierte Studie mit vier Therapiegruppen. Ein unabhängiges, bezüglich der Therapie verblindetes Komitee nahm die Beurteilung der Daten vor. Die Analyse erfolgte nach dem Intention-to-treat Prinzip.

 

Setting

Die Studie wurde von November 1997 bis September 1999 durchgeführt. Insgesamt wurden 2681 Patienten aus 76 verschiedenen Zentren und 9 Länder rekrutiert, davon erfüllten 2082 die Einschlusskriterien.

 

Einschlusskriterien
  • Alter > 18 Jahre
  • Herzinfarkt Symptome von mindestens 30 Minuten Dauer, maximal 12 Stunden
  • EKG-Zeichen: ST-Hebung in mindestens zwei benachbarten Ableitungen oder Linksschenkelblock
  • Patienten mit anderen oder fehlenden EKG-Zeichen wurden ebenfalls eingeschlossen, falls die Angiographie eine hochgradige Stenose mit einer Störung der regionalen Wandbewegung zeigte
  • Weil im Prinzip alle Patienten die notwendigen Voraussetzungen für den Einsatz eines Koronarstents aufweisen mussten, galt der angiographisch gesicherte Befund einer nativen Koronararterie mit einer Läsion von maximal 64 mm Länge und einem Durchmesser von 2.5 bis 4 mm als zusätzliches Einschlusskriterium
Ausschlusskriterien

Patienten, die eine der folgenden Merkmale aufwiesen, wurden von der Studie ausgeschlossen:

  • Medikamentöse oder chirurgische Intervention auf Grund der Angiographie nicht angezeigt
  • Kardiogener Schock
  • Bekannte Störung der Blutgerinnung
  • Bekannte allergische Reaktionen auf die Studienmedikamente
  • Grössere operative Eingriffe in den letzten 6 Wochen
  • Gastrointestinale oder genitale Blutungen in den letzten 6 Monaten
  • Cerebrovaskuläres Ereignis in den letzten zwei Jahren oder bleibende neurologische Defizite
  • Leukopenie, Thrombozytopenie
  • Leber- und Nierenerkrankungen
  • Verabreichung von thrombolytischen Medikamenten kurz vor Studienbeginn
  • Nicht-kardiovaskuläre Erkrankungen mit einer Lebenserwartung von weniger als einem Jahr
Intervention

Nach der Gruppenzuteilung kamen vier verschiedene Therapieschema zum Einsatz:

 

Gruppe I
PTCA allein.


Gruppe II
PTCA plus Abciximab (Bolus von 0.24 mg/kg Körpergewicht gefolgt von 12h Infusion 0.125 mg/kg Körpergewicht/Minute (max. 10 mg/Minute).

 

Gruppe III
Stent allein.

 

Gruppe IV
Stent plus Abciximab (Bolus von 0.24 mg/kg Körpergewicht gefolgt von 12h Infusion 0.125 mg/kg Körpergewicht/Minute (max. 10 mg/Minute).

 

Patienten mit einem Stent erhielten zusätzlich Ticlopidine 500 mg/Tag oder Clopidrogel 150 mg/Tag während 4 Wochen.

 

Nach dem chirurgischen Eingriff und der Thrombolyse erhielten alle Patienten täglich 325 mg Aspirin. Betablocker und ACE-Hemmer wurden ebenfalls verabreicht, vorausgesetzt es lagen keine Kontraindikationen für diese Substanzen vor.

 

Ein Wechsel von den PTCA-Gruppen in die Stent-Gruppen war erlaubt, falls nach PTCA die Stenose immer noch über 50% betrug. Ebenfalls war ein Wechsel zu Abciximab erlaubt, wenn nach dem Eingriff die Wiederherstellung des Blutflusses trotz Aufhebung der mechanischen Obstruktion ausblieb.

 

Primäre Endpunkte

Zusammengesetzter Endpunkt aus:

  • Tod (alle Ursachen)
  • Reinfarkt
  • Wiederholung der Revaskularisierung der betroffenen Arterie infolge weiterbestehender Ischämie
  • Schwerwiegender Schlaganfall in den ersten 6 Monaten nach Behandlung
Beobachtungsdauer

Follow-up nach 1, 6, und 12 Monaten.

 

Resultate

Basisdaten

Die vier Therapiegruppen wiesen keine signifikanten Unterschiede in bezug auf die klinisch relevanten Ausgangswerte auf.

 

Gruppenvergleich der Endpunkte

Rund 16% der Patienten, welche in eine der PTCA-Gruppen randomisiert wurden, erhielten schlussendlich einen Stent auf Grund der ungenügenden Revaskularisierung mittels PTCA. Bei Patienten, die ursprünglich keiner Abciximab-Gruppe zugeteilt worden waren, wurde bei weniger als 10% ein Wechsel zu Abciximab notwendig. Die signifikant tiefere Rate des kombinierten Endpunktes in den Stent-Gruppen im Vergleich mit den PTCA-Gruppen nach 60 Tagen kam ausschliesslich durch die unterschiedliche Wiederholungsrate der Revaskularisierung zu Stande. Punkto Tod, Reinfarkt und Schlaganfall war kein Unterschied zu beobachten. Siehe Tabelle 1.

 

Angiographische Messungen

Siehe Tabelle 2

 

Diskussion durch die Autoren

  • Die Autoren der Studie kommen zum Schluss, dass Stent-Implantate zu einer höheren Rate von ereignisfreiem Überleben und zu besseren angiographischen Werten führen als PTCA. Diese Resultate sind unabhängig vom Abciximab Einsatz und gelten auch für die Auswertung einzelner Subgruppen, z.b. nach Alter, Geschlecht, Diabetes oder linksventrikulärer Auswurfsfraktion.
  • In Gegensatz zu früheren Vergleichsstudien zwischen Stent und PTCA war in der vorliegenden Studie kein nachteiliger Effekt der Stent-Implantate auf die Überlebensrate oder den TIMI-3-Fluss zu beobachten. Ob dies auf grössere chirurgische Erfahrung, verbessertes Stentdesign oder auf eine geeignetere Verwendung von Begleitmedikamenten zurückzuführen ist, bleibt unklar.
  • Die Autoren glauben, dass die Resultate dieser Studie auf die Mehrzahl der Patienten mit akutem Herzinfarkt übertragen werden können. Eine Einschränkung machen sie für Patienten im kardiogenen Schock, für Verschlüsse von Venentransplantaten und für Patienten, die nicht innerhalb von 12 Stunden einer Therapie zugänglich sind.

 

Zusammenfassender Kommentar

In dieser Studie waren Stent-Implantate der PTCA im Hinblick auf das Auftreten von Restenosierung, Ischämie oder erneuter Verschluss – beobachtet über 6 Monate – überlegen. Die zusätzliche Thrombolyse mit Abciximab verminderte sowohl bei PTCA wie auch bei Stent-Implantaten die Notwendigkeit einer Zweit- oder Dritt-Revaskularisierung, wobei die Überlegenheit der Stent-Implantate unabhängig vom Einsatz des Abciximab zum Tragen kam. Leider sagt die Studie nichts über die Ergebnisse nach einem Jahr, obwohl im Studiendesign ein Follow-up von 12 Monaten vorgesehen war. Es bleibt also unklar, ob die nach 6 Monaten beobachteten Resultate auch nach einem Jahr noch Gültigkeit haben.

 

Von Interesse wäre ebenfalls eine Untergruppen-Analyse derjenigen PTCA-Patienten gewesen, die schlussendlich einen Stent erhalten haben. Die Analyse dieser rund 16% der PTCA-Patienten hätte Aufschluss darüber gegeben, ob es sich dabei um eine besondere Risikogruppe handelt, die einen Grossteil der Ereignisrate der PTCA-Gruppen auf sich vereinigt.

 

 

Besprechung von Dr. phil. nat. K. Matter-Walstra, Mediscope Knowledge Center

N Engl J Med 2002 Mar 28;346(13):957-66 - G. W. Stone et al

11.02.2004 - dde

 
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