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Lumiracoxib im Vergleich mit NSAR

Weniger gastrointestinale Nebenwirkungen – mehr Daten zur kardiovaskulären Sicherheit gefordert.

Titel

Comparison of lumiracoxib with naproxen and ibuprofen in the Therapeutic Arthritis Research and Gastrointestinal Event Trial (TARGET), reduction in ulcer complications: randomised controlled trial.

 

Autoren

Schnitzer-T-J, Burmester-G-R, Mysler-E, Hochberg-M-C, Doherty-M, Ehrsam-E, Gitton-X, Krammer-G, Mellein-B, Matchaba-P, Gimona-A, Hawkey-C-J.

 

Quelle

Lancet 2004;364:665-74

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Vergleich von Lumiracoxib (einem COX-2-Hemmer) mit NSAR in Bezug auf:

  • gastrointestinale Ulkuskomplikationen und
  • spezifische sekundäre Endpunkte wie kardiovaskuläre Sicherheit und generell Nebenwirkungen

 

Hintergrund

COX-2-Hemmer wurden entwickelt, um die bekannten Komplikationen von NSAR im Magendarmtrakt zu reduzieren. Die Evidenz für diesen Vorteil ist aber ungenügend, vor allem wenn COX-2-Hemmer in Kombination mit Aspirin verabreicht werden. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass COX-2-Hemmer das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen erhöhen. In der vorliegenden Studie sollen diese Fragen gezielt untersucht werden.

 

Methoden

Studiendesign

Doppelblinder, randomisierter Vergleich von Lumiracoxib mit Naproxen und Ibubrufen über 12 Monate in Patienten mit Osteoarthritis im Rahmen einer Multizenterstudie.

 

Setting

Randomisierte, kontrollierte Multizenterstudie.

 

Einschlusskriterien

18’325 Patienten mit Osteoarthritis und älter als 50 Jahre wurden in zwei identische Substudien randomisiert zu:

  • Lumiracoxib 400 mg zweimal täglich (n = 9156)
  • Naproxen 500 mg zweimal täglich (n = 4754)
  • Ibubrufen 800 mg dreimal täglich (n = 4415)

Die eine Substudie war der Vergleich von Lumiracoxib mit Naproxen, die andere der Vergleich von Lumiracoxib mit Ibubrufen. Die Randomisierung berücksichtigte eine Stratifikation nach Alter und nach Aspirineinnahme (Low dose Aspirin).

 

Ausschlusskriterien

Andere Ursachen als Osteoarthritis für NSAR-Einnahme; Antikoagulation.

 

Intervention

Lumiracoxib 400 mg zweimal täglich oder Naproxen 500 mg zweimal täglich (Substudie 1) bzw. Lumiracoxib 400 mg zweimal täglich oder Ibubrufen 800 mg dreimal täglich (Substudie 2).

 

Primäre Endpunkte

Komplikationen im oberen Magendarmtrakt (Blutungen, Perforationen, Magenausgangsobstruktionen); Intention-to-Treat Analyse.

 

Sekundäre Endpunkte

Kardiovaskuläre Nebenwirkungen, allgemeine Verträglichkeit der verschiedenen Substanzen.

 

Beobachtungsdauer

Zwölf Monate.

 

Resultate

Basisdaten

60% der Patienten haben die Studie beendet. 81 Patienten (0.44%) haben die Behandlung nie erhalten. Weitere 7120 Patienten (39%) haben die Therapie nicht über ein Jahr hinweg eingenommen und die Studie vorzeitig beendet.

 

Patienten

Das Durchschnittsalter der Patienten war 63 Jahre; die Mehrheit der Patienten war weiblich (76%). 24% nahmen Aspirin ein, 12% wurden als Hochrisikopatienten für kardiovaskuläre Ereignisse eingestuft: 45% hatten eine Hypertonie, 20% eine Dyslipidämie, 8% Diabetes und 44% waren Helicobacter pylori positiv.

 

Gruppenvergleich der Endpunkte

 

Kumulative Ulkuskomplikationsrate über 1 Jahr

  • Patienten ohne Aspirin: NSAR (64 Ereignisse) 1.09% (95% CI 0.82-1.36) gegenüber Lumiracoxib 14 Ereignisse) 0.25% (95% CI 0.12-0.39); daraus ergibt sich eine hochsignifikante 79% Risikoreduktion (p < 0.0001)
  • Gesamtpopulation signifikante 66% Risikoreduktion (p < 0.0001)
  • Patienten mit Aspirin: kein signifikanter Unterschied gegenüber NSAR (21% Risikoreduktion mit Lumiracoxib, nicht signifikant)

Kardiovaskuläre Endpunkte

  • Lumiracoxib: 59 Ereignisse bei 9’117 Patienten (0.65%)
  • NSAR: 50 Ereignisse bei 9’127 Patienten (0.55%); kein signifikanter Unterschied.

 

Diskussion durch die Autoren

Lumiracoxib hat 3-4 mal weniger gastrointestinale Ulkuskomplikationen im Vergleich zu nicht selektiven NSAR. Die Vorteile von Lumiracoxib im Gastrointestinaltrakt im Vergleich zu klassischen NSAR, wie Ibubrufen oder Naproxen, sind also evident, solange kein Aspirin eingenommen wird. In Bezug auf kardiovaskuläre Nebenwirkungen war statistisch kein signifikanter Unterschied zwischen Lumiracoxib und den klassischen NSAR. Lumiracoxib scheint deshalb eine adäquate Behandlung für Patienten mit Osteoarthritis zu sein.

 

Zusammenfassender Kommentar

Die Arbeit ist im Sommer 2004 erschienen zu einem Zeitpunkt, da das Konkurrenzpräparat Rofecoxib noch nicht vom Markt genommen worden war. Der Rückzug von Rofecoxib hat verschiedene grundsätzliche Fragen aufgeworfen:

  • 1. Vermindern COX-2-Hemmer gastrointestinale Komplikationen?
  • 2. Welche Bedeutung hat die gleichzeitige Verabreichung von Aspirin?
  • 3. Können gastrointestinale Vorteile erreicht werden ohne die kardiovaskuläre Komplikationen zu erhöhen?

Die vorliegende Arbeit dokumentiert, dass COX-2-Hemmer einen klaren Benefit im Magendarmtrakt aufweisen, solange sie nicht mit Aspirin kombiniert werden. Das grösste Risiko für gastrointestinale Komplikationen haben aber alte Leute (vor allem Personen über 70 Jahre) und Personen mit Begleitkrankheiten (z.B. kardiovaskuläre Komorbidität). Diese Patienten benötigen sehr häufig Aspirin, womit ein grosser Teil des Benefits der COX-2-Hemmer verloren geht. Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, dass COX-2-Hemmer das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen erhöhen (siehe Rofecoxib). In der vorliegenden Arbeit waren die kardiovaskuläre Nebenwirkungen unter Lumiracoxib nicht signifikant verschieden von den Vergleichspräparaten Ibubrufen und Naproxen, numerisch war aber die Zahl der kardiovaskulären Komplikationen unter Lumiracoxib leicht grösser. Im Rahmen der vorliegenden Kontroverse werden zusätzliche Daten geliefert werden müssen, welche die Sicherheit von Lumiracoxib in Bezug auf kardiovaskuläre Nebenwirkungen dokumentieren.

 

 

Besprechung von Prof. Dr. med. Christoph Beglinger, Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, Kantonsspital Basel.

Lancet 2004;364:665-74 - T. J. Schnitzer et al

08.12.2004 - dde

 
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