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Infliximab bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis

Eine Cochrane Review zur Wirksamkeit des TNFa Antikörpers Infliximab.

Titel

Infliximab for the treatment of rheumatoid arthritis (Cochrane Review).

 

Autoren

Blumenauer B, Judd M, Wells G, Burls A, Cranney A, Hochberg M, Tugwell P

 

Quelle

Cochrane Database Syst Rev 2002;(3):CD003785

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Dieser Cochrane Review-Artikel untersucht die Wirksamkeit und die Sicherheit von Infliximab bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA).

 

Hintergrund

Bei Infliximab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper gegen den Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha (TNFa), welcher aus einem humanen Anteil und einem murinen Anteil (Maus) zusammengesetzt ist und für die Behandlung der refraktären RA eingesetzt wird.

 

Methoden

Die Literatursuche erfolgte von 1966 bis März 2002 mittels Datenbasen von: Biological Abstracts, CINAHL, Current Contents, Dissertation Abstracts, EBM Reviews, HealthSTAR and Medline. Als Stichwörter wurden rheumatoide Arthritis (Mesh heading) und Infliximab (Textwort) verwendet, ohne Einschränkung bezüglich Sprache, Jahr oder Art der Publikation. Weitere Selektionskriterien waren randomisierte kontrollierte Studien mit einer minimalen Zeitdauer von 6 Monaten und mindestens 2 Infusionen, wobei die Wirkung von Infliximab in den Dosierungen von 1, 3, 5 oder 10 mg/kg getestet wurde (Infliximab versus Placebo oder Kombination Infliximab/Methotrexat (MTX) versus MTX alleine).

 

Das Zusammentragen der Daten und die Analyse erfolgte durch 2 unabhängige Reviewer und die methodologische Qualität der Studien wurde mittels Benützung von validierten Beurteilungskriterien festgelegt.

 

Als Outcome-Variabeln wurden die Krankheitsaktivität (American College of Rheumalogy (ACR) core set) für RA bei klinischen Studien, die radiologischen Befunde, die Studienabbrüche und die Toxizität erfasst.

 

Resultate

Die Einschlusskriterien wurden von 2 Studien mit insgesamt 529 Patienten erfüllt. Die dabei eingeschlossenen Patienten erfüllten die diagnostischen Kriterien der RA der American Rheumatism Association (ARA) 1987. Sie erhielten randomisiert entweder Infliximab in den Dosierungen 1, 3 oder 10 mg/kg (jeweils mit oder ohne MTX) versus Placeboinfusionen mit MTX. Die Infusionen erfolgten alle 4 oder 8 Wochen.


Nach 6 Monaten zeigte sich eine signifikante Verbesserung in der Infliximab-Gruppe hinsichtlich ACR 20-, ACR 50- und ACR 70-Antwort (Bemerkung: ACR 20 Antwort bedeutet eine > 20%-ige Verbesserung der Anzahl geschwollener und druckdolenter Gelenke sowie eine > 20%-ige Verbesserung in mindestens 3 der folgenden 5 Kriterien wie Schmerzbeurteilung des Patienten, Globalbeurteilung des Patienten bzw. des Arztes, Selbsteinschätzung der Patienten bezüglich der Funktionseinschränkung (HAQ: Health Assessement Questionnaire) oder der Entzündungsparameter im Labor wie die Blutsenkungsreaktion oder das C-reaktive-Protein).

 

Die benötigte Anzahl der zu behandelnden Patienten um eine Verbesserung der ACR um 20 zu erzielen betrug 2.9-3.3, für ACR 50 3.6-4.8 und für ACR 70 5.9-12.5 . Dies war abhängig von der Dosis und dem Dosisintervall (3 mg/kg oder 10 mg/kg entweder alle 4 Wochen oder 8 Wochen).

 

Radiologisch war bei der Infliximab-Gruppe nach 12 Monaten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine Verbesserung zu verzeichnen. Dabei zeigten mehr Patienten eine radiologische Verbesserung und weniger Patienten wiesen eine radiologische Progression auf.

 

Die Anzahl der Studienabbrüche infolge fehlendem Ansprechen waren bei der Infliximab-Gruppe (alle Dosierungen) geringer als bei der Kontrollgruppe. Die Studienabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen oder anderer Gründe waren statistisch bei der Infliximab-Gruppe und der Kontrollgruppe gleich. Andererseits war die Gesamtzahl der Abbrüche wegen fehlender Wirksamkeit bei der Infliximab-Gruppe geringer als bei der Kontrollgruppe.

 

Diskussion durch die Autoren

Die Behandlung mit Infliximab während 6 und 12 Monaten reduzierte signifikant die Kranheitsaktivität der RA und scheint ein akzeptables Sicherheitsprofil zu haben. Die radiologischen Befunde waren nach 12 Monaten bei der Infliximab-Guppe im Vergleich zur Kontrollgruppe besser. Bemerkt wurde, dass nur 2 Studien die Einschlusskriterien erfüllten, und dass die Resultate hauptsächlich von der grösseren der beiden Studien stammt. Die Daten der Wirksamkeit und der Toxizität stammen von einer kurzen Beobachtungsdauer zwischen 6 und 12 Monaten. Um seltenere Ereignisse zu entdecken, sind Studien mit einer grösseren Patientenzahl und über einen längeren Zeitraum erforderlich.

 

Zusammenfassender Kommentar

Die erwähnten Studien bestätigen die Wirksamkeit von Infliximab auf die Krankheitsaktivität und die radiologische Progression bei guter Akzeptanz. Detailliertere Angaben bezüglich einer Dosis-Wirkung oder genauere Gründe von Abbrüchen resp. von Nebenwirkungen sind daraus nicht ersichtlich. So bemerkten die Autoren auch korrekt, dass grössere und längere Studien erforderlich sind.

 

In Ergänzung zur Cochrane Review kurz zusammengefasst unsere Erfahrungen mit dem Einsatz von TNFa-Blockern. Neben Infliximab (chimerer Antikörper gegen TNFa) steht auch Etanercept (Fusionsprotein gegen den löslichen TNF-Rezeptor) zur Verfügung. Beide Substanzen inaktivieren gezielt TNFa, ein proinflammatorisches Zytokin (Entzündungsmediator), welches bei vielen entzündlichen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt. Im Vergleich zu den bisherigen Basismedikamenten tritt die Wirkung der TNFa-Blocker viel schneller, meist schon Tage nach der Applikation, ein. Die nun mehrjährige Beobachtungszeit bestätigt die langanhaltende Wirkung der TNFa-Hemmung. Infliximab wird oft mit einer zusätzlichen immunsuppressiven Therapie, meist MTX, kombiniert, um eine mögliche Antikörperbildung gegen die murinen Anteile zu verhindern. Die Kombination der TNFa-Blocker mit MTX bringt eine zusätzliche Wirkung auf die Entzündungsaktivität mit oft vollständiger Remission.

 

Verschiedene Fallberichte, aber auch kontrollierte randomisierte Studien, berichteten in letzter Zeit über den erfolgreichen Einsatz der TNFa-Blocker bei anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. So bei juveniler chronischer Arthritis, Spondylitis ankylosans, Psoriasisarthropathie, beim SAPHO-Syndrom, und beim Morbus Still des Erwachsenen.

 

Die Verträglichkeit der TNFa-Blocker hat sich auch nach langfristiger Anwendung als gut erwiesen. Unter Etanercept kann es zu Irritationen an der Injektionsstelle kommen. Bei Infliximab-Infusionen können behandlungsbedürftige allergische Reaktionen auftreten. Die Aufmerksamkeit bei dieser Therapieform muss auf die Reaktivierung einer Tuberkulose und auf bakterielle Infekte, welche zum Teil foudroyant und atypisch verlaufen können, gerichtet sein.

 

Vereinzelte Fälle von demyelisierenden Erkrankungen und Auftreten von Schüben bei Patienten mit multipler Sklerose wurden unter TNFa-Blocker beschrieben. Der kausale Zusammenhang ist bis heute noch unklar.

 

Bisher konnte noch keine erhöhte Tumorhäufigkeit unter TNFa-Blocker beobachtet werden, dies kann jedoch erst nach mehrjähriger klinischer Anwendung sicher beurteilt werden.

 

Es sind bereits über mehrere normal verlaufene Schwangerschaften unter TNFa-Blockern berichtet worden, wobei die entsprechenden Erfahrungen während Gravidität und Laktation zum jetzigen Zeitpunkt doch noch spärlich sind.

 

Zusammengefasst stellen die TNFa-Blocker einen Meilenstein bei der Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen dar. Sie führen für viele Patienten zu einer noch vor kurzer Zeit undenkbaren Verbesserung der Lebensqualität. Auch wenn die Medikamentenkosten der TNFa-Blocker zur Zeit noch hoch sind, müssen diese den Gesamtkosten dieser Erkrankungen, wie Erwerbsausfall, frühzeitige Berentung und operative Eingriffe gegenübergestellt werden.

 

 

Besprechung von Dr. med. Marc Widmer, Oberarzt Institut für Physikalische Medizin, Universitätsspital Zürich

 

Cochrane Database Syst Rev 2002;(3):CD003785 - B. Blumenauer et al

13.02.2004 - dde

 
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