Bevacizumab kombiniert mit Irinotecan, Fluorouracil und Leukovorin
Kombination für die Behandlung vom metastatischen kolorektalen Karzinom.
Titel
Bevacizumab plus Irinotecan, Fluorouracil, and Leucovorin for Metastatic Colorectal Cancer
Autoren
Hurwitz H, Fehrenbacher L, Novotny W, et al
Quelle
NEJM 2004;350:2335-42
Abstract |
Fragestellung
Verbessert die Zugabe von Bevacizumab zu einer kombinierten Chemotherapie mit Irinotecan, Fluorouracil und Leukovorin (IFL) das Überleben von Patienten mit metastatischem kolorektalem Karzinom (KRK)?
Hintergrund
In präklinischen Studien haben monoklonale Antikörpern gegen das vaskuläre endotheliale Wachstumshormon eine hemmende Wirkung auf das humane Tumorwachstum gezeigt. Bevacizumab ist die humanisierte Variante dieses Antikörpers. In einer Phase-2-Studie wurde gezeigt, dass die Zugabe von Bevacizumab zu einer Chemotherapie mit IFL die Antwortrate beim KRK verbesserte.
Methoden
Studiendesign
Prospektive, randomisierte Multizenterstudie. Randomisation stratifiziert pro Studienzentrum, Performance Status nach ECOG (Eastern Cooperative Oncology Group), Lokalisation vom Malignom und Anzahl der metastatischen loci.
Setting
164 Zentren in den Vereinigten Staaten, Australien und Neuseeland. Studieneinschluss zwischen September 2000 und Mai 2002.
Einschlusskriterien
Patienten mit histologisch gesichtertem metastatischem KRK, deren Tumormasse bidimensional messbar war. Zusätzlich Alter Ž 18 Jahre, ECOG-Performancestatus von 0 oder 1 und eine Lebenserwartung Ž 3 Monate, adäquate hämatologische, renale und hepatische Funktion.
Ausschlusskriterien
Frühere Chemo- oder biologische Therapien für das metastatische KRK (gewisse Therapien bis 12 Monate zuvor erlaubt), Radiotherapie in den vorherigen 14 Tagen, grosse Operationen in den vorherigen 28 Tagen, klinisch signifikante kardiovaskuläre Krankheiten, Vorhandensein von Ascites, Schwangerschaft oder Stillen, Aspirinkonsum Ž 325 mg/Tag, NSAR-Einnahme, Blutungsdiathese, Koagulopathie, Antikoagulation und ZNS-Metastasen.
Intervention
Randomisation zu den Behandlungsgruppen IFL+Placebo und IFL+Bevacizumab. Therapiefortsetzung primär bis zur Progression der Krankheit oder bis zum Auftreten von schweren Nebenwirkungen, maximal während 96 Wochen.
Patienten mit einer Krankheitsprogression wurde eine «second-line» Therapie offeriert, wobei nur Patienten, die primär Bevacizumab erhielten, das Medikament weiter nehmen durften. Patienten ohne Progression, die Bevacizumab hatten, durften in einer separaten Studie die Therapie weiterführen. Diejenigen mit einer kompletten Remission oder mit schweren Nebenwirkungen durften Bevacizumab als Monotherapie fortsetzen.
Medikamentendosierungen: Bevacizumab 5 mg/Kg Körpergewicht jede 2 Wochen. Irinotecan 125 Kg/m2 Körperoberfläche und Fluorouracil 500 mg/m2 1x/Woche während 4 Wochen, Zyklen jede 6 Wochen. Im gleichen Takt Leukovorin 20 mg/m2 in den Regimen mit Bevacizumab, 500 mg/m2 im Regim ohne Bevacizumab.
Primäre Endpunkte
Gesamtüberleben unabhängig von der Durchführung von Folgetherapien.
Sekundäre Endpunkte
Progressionsfreies Überleben, objektive Antwortrate, Antwortdauer und Sicherheit.
Beobachtungsdauer
Bis zum Todeseintritt, Studienausfall oder Abbruch.
Resultate
Basisdaten
Insgesamt wurden 411 Patienten in der Gruppe IFL+Placebo und 402 in der Gruppe IFL+Bevacizumab in die Intention-to-Treat Analyse eingeschlossen. Die zwei Behandlungsgruppen unterschieden sich nicht bezüglich deren demographischen und klinischen Charakteristiken.
Therapie
Die mediane Dauer der Therapie war 27.6 Wochen für IFL+Placebo und 40.4 Wochen für IFL+Bevacizumab. Ähnliche Proportionen von Patienten (um 50%) erhielten eine «second-line» Therapie, darunter 25% Oxaliplatin. 2% hatten eine Metastasektomie.
Wirksamkeit
Die mediane Überlebenszeit war mit 15.6 und 20.3 Monate signifikant länger für IFL+Bevacizumab. Dieser Unterschied entsprach einer «Hazard Ratio» für Tod von 0.66 und deshalb einer Risikoreduktion von 34% (p < 0.001).
Das 1-Jahr-Überleben war 63.4% und 74.3% für IFL + Placebo und IFL+Bevacizumab respektiv (p < 0.001). Für die Patienten, die eine «second-line» Therapie mit Oxaliplatin hatten, konnte ebenfalls ein längeres Überleben in der IFL+Bevacizumab-Gruppe nachgewiesen werden (22.2 vs. 25.1 Monate). Die Zugabe von Bevacizumab war assoziiert mit einem längeren progressionsfreien Überleben (6.2 vs. 10.6 Monate) entsprechend einer «Hazard Ratio» von 0.54 (p-Wert < 0.001). Signifikant mehr Patienten antworteten auf die Zusatztherapie (34.8% vs. 44.8%) und die Antwort hielt in dieser Gruppe länger an (7.1 vs. 10.4 Monate; «Hazard Ratio» 0.62; p = 0.004).
Nebenwirkungen
Die unterschiedliche mediane Dauer der Therapie in den zwei Behandlungsgruppen wird hier nicht berücksichtigt. Das Auftreten von Grad 3 und 4 Nebenwirkungen war häufiger in der IFL+Bevacizumab-Gruppe (74.0% vs. 84.9%; p < 0.01). Dieser Unterschied kam hauptsächlich durch eine höhere Inzidenz von behandlungsbedürftigter arterieller Hypertension zustande. Grad 3 oder 4 Durchfall und Leukopenie traten ebenfalls etwas häufiger auf. Alle 6 gastrointestinale Perforationen traten bei Patienten unter IFL+Bevacizumab (1.5%) auf, ein Patient starb daran. Als zusätzliche Risikofaktoren für Perforation waren bei zwei Patienten chirurgische Eingriffe in den vorherigen 2 Monate und bei einem Patienten eine peptische Ulkuskrankheit eruierbar.
Es konnte kein Unterschied in der Rate von Todesfällen in den ersten 60 Tagen, Hospitalisationen oder Therapieabbrüchen nachgewiesen werden.
Diskussion durch die Autoren
Die durch den Zusatz von Bevacizumab erzielte Verlängerung der Überlebenszeit ist gleich gross oder sogar grösser als diejenigen, die in anderen Phase-3-Chemotherapiestudien gezeigt werden konnten. Im Allgemeinen ist der therapeutische Benefit von Bevacizumab nicht nur statistisch, sondern auch klinisch als relevant zu bezeichnen. Diese erstaunlich positiven Effekte sind von einer relativ begrenzten Zunahme an Nebenwirkungen begleitet. Die einzige potentiell beunruhigende Komplikation in der IFL+Bevacizumab-Behandlungsgruppe war das Auftreten von gastrointestinalen Perforationen. Diese Erscheinung ist möglicherweise mit einer Hemmung der Wundheilung in Zusammenhang zu bringen.
Zusammenfassender Kommentar
Der Zusatz von Bevacizumab zur IFL-basierten Chemotherapie scheint eine vielversprechende Behandlungsstrategie des metastastischen KRK zu sein. Einziges Bedenken der Studie: da nicht angegeben, wahrscheinlich unverblindete Beurteilung der Therapieantwort.
Besprechung von PD Dr. med. Fabiola Delcò, Oberärztin, Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Basel.
NEJM 2004;350:2335-42 - H. Hurwitz et al
08.12.2004 - dde