Systemische Sklerose: Update zur Therapie
«Krankheitsmodifizierende» Therapieansätze
Die systemische Sklerose (Sklerodermie, SSc) ist eine Erkrankung des Bindegewebes, bei der es zu einer Akkumulation von Extrazellulärmatrix-Proteinen (Fibrose) in der Haut und inneren Organen kommt. In frühen Krankheitsphasen findet man entzündliche Veränderungen mit dermalen perivaskulär lokalisierten Entzündungsinfiltraten und mikroangiopathischen Veränderungen. Spätere Krankheitsphasen sind durch aktivierte Fibroblasten und einer oft progredienten Hautsklerose gekennzeichnet.
Da ein kausaler Zusammenhang zwischen den entzündlichen Veränderungen der frühen Krankheitsstadien und der späteren Fibrose vermutet wird, wurden in den letzten Jahren zahlreiche immunsuppressive Therapieansätze untersucht. Die Mehrzahl der Immunsuppressiva zeigten in kontrollierten Studien jedoch überwiegend enttäuschende Ergebnisse. Das wegen seiner zusätzlich antifibrotischen Effekte lange in der Therapie der SSc verwendete D-Penicillamin hatte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine besseren Effekte auf die Hautfibrose [1]. Für andere immunsuppressive Medikamente wie Azathioprin und Cyclosporin-A fehlen kontrollierte Studien, wobei Fallberichte und nicht-kontrollierte Studien auf einen positiven Effekt von Cyclosporin-A bei einem Teil der SSc-Patienten hinweisen. Methotrexat zeigte in einer kontrollierten Studie keine signifikant besseren Ergebnisse als die Placebogruppe, allerdings war in der Methotrexat-behandelten Gruppe ein deutlicher Trend zu einer verminderten Hautsklerose festzustellen [2]. Neuere Studien versuchen durch Hemmung spezifischer profibrotischer Zytokine wie TGFa den fibrotischen Prozess zu inhibieren. Erste Studienergebnisse zeigen auch hier keine überzeugende Effekte [3]. Die pharmakologische Entwicklung dieser Substanzen ist jedoch noch nicht abgeschlossen, für eine endgültige Bewertung sind daher die weiteren Studien mit zusätzlichen Substanzen abzuwarten.
Aufgrund der fehlenden Evidenz-basierten Daten sollten die «krankheitsmodifizierenden» immunsuppressiven Therapieansätze für Patienten mit der diffusen Form der systemischen Sklerose den frühen systemisch-entzündlichen Krankheitsstadien reserviert bleiben. Für Patienten mit der limitierten Form der SSc wiegen die etwaigen Nebenwirkungen den möglichen Nutzen der immunsuppressiven Therapie nicht auf.
Therapie der Organmanifestationen: pulmonale Hypertonie
Im Gegensatz zu den krankheitsmodifizierenden Therapien konnten bei der Therapie der Organmanifestationen der SSc in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt werden. Als Beispiel soll hier die Therapie der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) angeführt werden, die sowohl bei Patienten mit der diffusen Unterform der SSc als auch gehäuft bei der limitierten SSc auftreten kann und mit einer hohen Mortalität verbunden ist. Patienten mit PAH wiesen deutlich erhöhte Serumspiegel der vasokonstriktiven Substanz Endothelin auf, die ihre Wirkung über Bindung an die Endothelin-Rezeptoren A und B auf der Zelloberfläche entfaltet. Bosentan (Tracleer®) ist ein Antagonist der Endothelin-Rezeptoren A und B in Tablettenform. In einer grossen placebo-kontrollierten Studie (BREATHE-1) konnte bei symptomatischen Patienten ein signifikanter Effekt von Bosentan auf hämodynamische Parameter und auf verschieden funktionelle Tests wie dem 5-Minuten-Gehtest gezeigt werden [4]. Patienten mit SSc und pulmonaler Hypertonie schnitten dabei schlechter ab als Patienten mit pulmonaler Hypertonie anderer Ursache, dennoch konnte auch bei den SSc-Patienten eine Verschlechterung der PAH verhindert werden. Andere Endothelin-Antagonisten wie beispielsweise das gegen den Endothelin-Rezeptor A gerichtete Sitaxentan befinden sich derzeit in klinischen Studien, sind aber im Gegensatz zu Bosentan in der Schweiz noch nicht zugelassen.
Bosentan ist ein gut verträgliches Medikament. Die häufigste unerwünschte Wirkung ist ein dosisabhängiger Anstieg der Leberenzyme, die bei etwa 5% der Patienten unter der üblichen Dosierung auftritt und bei dem die Therapie unterbrochen werden muss. Aufgrund von Interaktionen am Cytochrom P450 Isoenzym CYP3A4 darf Bosentan nicht gleichzeitig mit Cyclosporin-A verabreicht werden, ebenso ist eine gleichzeitige Therapie mit Glibenclamid zu vermeiden und auf eine ausreichende Kontrazeption zu achten. Grosser Nachteil der Bosentantherapie sind die hohen Kosten: Für eine 1-monatige Therapie sind derzeit ca. CHF 5’000.– zu veranschlagen.
Neueste Studienergebnisse zeigen darüber hinaus, dass Bosentan aufgrund der systemisch vasodilatierenden Effekte auch das Auftreten neuer Fingerkuppenulzera reduziert [5]. Ob zusätzlich auch das Abheilen bestehender Ulzera gefördert wird, ist noch unklar und wird derzeit in einer prospektiven Studie untersucht.
Datenbank zur systemischen Sklerose: EUSTAR
Bei der systemischen Sklerose als relativ seltener Erkrankung besteht ein grosser Bedarf an Evidenz-basierten Daten. Die entsprechenden Studien können statistisch sinnvoll nur durch eine Rekrutierung grosser Patientenzahlen durchgeführt werden. Um eine derartige Rekrutierung zu ermöglichen, wurde mit Unterstützung der European League Against Rheumatism (EULAR) eine europäische Datenbank eingerichtet, in der klinische Daten von SSc-Patienten anonym erfasst werden. Die Datenbank umfasst derzeit europaweit ca. 2000 SSc-Patienten und wird von der EULAR Scleroderma Trials and Research Group (EUSTAR) betrieben, an der auch die Rheumaklinik des Universitätsspitals Zürich beteiligt ist (www.eustar.org). Die Patienten werden über eine Anmeldung in der Spezialsprechstunde für Kollagenosen und Vaskulitiden für die Datenbank erfasst.
Dr. med. Oliver Distler, Assistenzarzt, Rheumaklinik und Institut für Physikalische Medizin, Universitätsspital Zürich.
Literatur 1. Clements PJ, Furst DE, Wong WK et al., High-dose versus low-dose D-penicillamine in early diffuse systemic sclerosis: analysis of a two-year, double-blind, randomized, controlled clinical trial. Arthritis Rheum. 1999 Jun;42(6):1194-203. 2. Pope JE, Bellamy N, Seibold JR et al., A randomized, controlled trial of methotrexate versus placebo in early diffuse scleroderma. Arthritis Rheum. 2001 Jun;44(6):1351-8. 3. Denton CP, Merkel PA, Furst DE et al., Anti-TGFa1 Therapy for Diffuse Cutaneous Systemic Sclerosis: a Multicenter, Randomized, Placebo-controlled Phase I/II Trial of CAT-192. Arthritis Rheum. 2004, 50: S691 (abstract). 4. Rubin LJ, Badesch DB, Barst RJ et al., Bosentan therapy for pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med. 2002 Mar 21;346(12):896-903. 5. Korn JH, Mayes M, Matucci Cerinic M et al., Digital ulcers in systemic sclerosis: prevention by treatment with bosentan, an oral endothelin receptor antagonist. Arthritis Rheum. 2004 Dec;50(12):3985-93.
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