PSA und Prostatakarzinom: "Overdetection und Overtreatment?"
Eine Einleitung zu den Studienbesprechungen
Seit der Einführung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) in den 80-er Jahren wurde das PSA immer häufiger als dichotomer Biomarker betrachtet: Je nach PSASchwellenwert (beispielsweise 4 ng/ml) wurde angenommen, dass Werte darüber abnormal sind, und dass bei Werten darunter keine weiteren Massnahmen nötig sind. Dem breiteren Publikum wurde v.a. seit der Publikation des Prostate Cancer Prevention Trial (PCPT) im NEJM 2003, zunehmend klar, dass es keinen PSA-Wert gibt, bei dem ein Mann sicher sein kann, dass er kein Prostatakarzinom hat [1]. Die Frage ist bloss: Hat er ein klinisch relevantes Prostatakarzinom oder wird ein insignifikantes Karzinom diagnostiziert. Overdetection und Overtreatment sind die Stichworte. Auch im tiefen PSA Bereich können schlecht differenzierte Karzinome gefunden werden [2]. Das Konzept eines singulären oder optimalen PSA-Schwellenwertes, der wenn überschritten, eine Prostatabiopsie indiziert, wird zunehmend kontrovers diskutiert. Weil aktuell ausser dem PSA jedoch weiterhin kein besserer Marker am Horizont erkennbar ist, stellt das PSA und v.a. die PSA-Kinetik trotzdem weiterhin den Goldstandard dar um ein lokalisiertes und kurativ behandelbares Prostatakarzinom zu diagnostizieren.
Denn erst, wenn die histopathologischen Charakteristika (insbesondere der Gleason-Score «Tumorgrading ») – nebst der persönlichen Anamnese des Patienten und der PSA-Kinetik die wichtigsten Entscheidungskriterien für die Therapieplanung – bekannt sind, kann der Patient kompetent und umfassend über die nötigen weiteren Massnahmen beraten werden. Nicht in jedem Fall darf und muss dem Patienten eine kurative Therapie empfohlen werden.
Die hier diskutierten Studien zeigen auf, weshalb es sehr wichtig ist, den möglichen Spontanverlauf des Prostatakarzinoms und die Histologie zu kennen, damit ein Mann optimal beraten werden kann. In diesem Sinne sollte somit nicht von einer «Overdetection» des Prostatakarzinomes gesprochen werden. Wohl ist aber ein «Overtreatment » möglich.
Dr. med. Räto T. Strebel, Oberarzt, Urologische Klinik UniversitätsSpital Zürich
Referenzen
1. Thompson, I. M., Pauler, D. K., Goodman, P. J. et al.: Prevalence of prostate cancer among men with a prostatespecific antigen level < or =4.0 ng per milliliter. N Engl J Med, 350: 2239, 2004
2. Loeb, S., Gonzalez, C. M., Roehl, K. A. et al.: Pathological characteristics of prostate cancer detected through prostate specific antigen based screening. J Urol, 175: 902, 2006
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