Editorial
Die Gastroenterologie im Wandel der Zeiten
Der Magendarmtrakt ist lang und gewunden. Es war deshalb sehr lange schwierig, ihn direkt zu untersuchen. Die Diagnostik von Magendarmkrankheiten beruhte deshalb über Jahrzehnte auf radiologischen Verfahren und Funktionsdiagnostik (Analyse von Magensaft, Dünndarmsaft etc.). Zwei Entwicklungen haben die letzten drei Jahrzehnte geprägt und die Gastroenterologie dramatisch verändert: die flexible Endoskopie und die neuen bildgebenden Verfahren wie Spiralcomputertomographie und Magnetresonanzröntgen. Dies hat zu neuen therapeutischen Möglichkeiten geführt, die alle in die gleiche Richtung gehen: weniger invasiv, weniger belastend für den Patienten.
Vor 1960 war eine direkte Visualisierung des Gastrointestinaltraktes praktisch nicht möglich. Starre Endoskope wurden verwendet, die nur von wenigen Experten beherrscht wurden; die Untersuchungen waren unangenehm und unvollständig. Bariumkontrastdarstellungen des Magens und des Dickdarms waren die wichtigsten Untersuchungen, gekoppelt mit Funktionsdiagnostik (z.B. Pentagastrintest zur Messung der Säureproduktion). Im Jahre 2003 sind diese Untersuchungen aus dem Alltag verschwunden.
Das Management von Magendarmkrankheiten hat sich drastisch geändert. Die Veränderungen begannen in den 60er und 70er Jahren mit der Entwicklung der flexiblen Endoskope. Obere und untere Endoskopie sind heute Routineuntersuchungen, die auch von praktizierenden Gastroenterologen durchgeführt werden können. Die Endoskopie hat die Bariumuntersuchungen des Magendarmtraktes weitgehend verdrängt. Gewebeproben können bei jeder Untersuchung entnommen werden und erlauben präzise Diagnosen. Mittels Duodenoskop kann die Papilla vateri erreicht und kanüliert werden, was eine direkte Darstellung der Gallenwege und der Pankreasgänge ermöglicht.
Die nächste Revolution begann in den 70er Jahren: die Entwicklung der therapeutischen Endoskopie. Die endoskopische Polypenentfernung war ein erster grosser Schritt, die endoskopische Entfernung von Fremdkörpern ein nächster, Papillotomie und Steinentfernung aus dem Gallengang ermöglichen eine nicht-chirurgische Behandlung des Gallensteinleidens, die Behandlung von Stenosen durch Dilatation und Stenteinlage ist ein wenig belastender Eingriff geworden und schliesslich können die meisten akuten Blutungen im oberen Magendarmtrakt endoskopisch therapiert werden.
Die zweite wesentliche Entwicklung betrifft die bildgebenden Verfahren. Durch die Computertomographie können Organe im Bauchraum vollständig erfasst und dargestellt werden. Die Computertomographie ist nicht untersucherabhängig. Mittels Multidetektorspiral-CT kann das gesamte Abdomen in 10-20 Sekunden untersucht werden. Die Qualität der Rekonstruktion ist ausgezeichnet.
Das andere bildgebende Verfahren ist die Magnetresonanztomographie. Durch die Entwicklung der neuen Gerätegeneration ergibt sich für diese Methode zunehmend ein ähnlicher Anwendungsbereich wie für das CT. Durch diese bildgebenden Techniken kann die Anatomie nicht-invasiv von aussen detailliert dargestellt und rekonstruiert werden.
Die Entwicklung der Bildgebung hat die gastroenterologische Tätigkeit markant verändert. Im Folgenden soll in ein paar Kurzberichten die Struktur einer Universitätsgastroenterologie vorgestellt werden. Daraus ist erkennbar, dass auch in einem Spezialgebiet Schwerpunkte definiert werden müssen. Die gesamte Palette der endoskopischen Therapiemöglichkeiten ist für eine Universitätsklinik zwingend notwendig. Daneben sind die Hepatologie und das Gebiet der entzündlichen Darmkrankheiten, zwei Bereiche, wo in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt worden sind.
Schliesslich ist dem Problem der Prophylaxe immer mehr Bedeutung zuzumessen, vor allem die Kolonkarzinomprophylaxe steht zur Diskussion. Diese Gebiete möchten wir Ihnen deshalb näher vorstellen.
Prof. Dr. med. Christoph Beglinger, Abteilungsleiter, Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, Kantonsspital Basel.
Weitere Auskünfte können über das Sekretariat der Gastroenterologie erhalten werden (Tel.: +41 61-265 51 74) oder via www.gastroenterology-basel.ch
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