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Akute Koronarsyndrome

Die akuten Koronarsyndrome umfassen ein breites, sich von der instabilen Angina pectoris bis zum fulminanten Herzinfarkt erstreckendes Krankheitsspektrum. Gemeinsame pathophysiologische Grundlage der akuten Koronarsyndrome sind atherosklerotische Plaques, die infolge Ruptur oder Erosion zu einem partiellen oder vollständigen Verschluss eines Koronargefässes führen. Die daraus resultierenden klinischen Manifestationen reichen von der stummen Ischämie über die instabile Angina pectoris bis zum Myokardinfarkt mit oder ohne ST-Hebungen. Sowohl die Diagnostik als auch die Therapie der akuten Koronarsyndrome haben sich in den letzten Jahren grundlegend verbessert. Die Einführung der Troponin-Bestimmung im klinischen Alltag trägt wesentlich zu einer sensitiveren und rascheren Erkennung von akuten Koronarsyndromen bei. Ferner ermöglicht sie eine Risikostratifizierung über das EKG hinaus, die über die weitergehende Therapie (Thienopyridine, Glycoprotein IIb/IIIa-Antagonisten, frühe invasive Therapie) entscheidet und eine Prognostizierung erlaubt. Ein neuer vielversprechender Marker für akute Koronarsyndrome ist der lösliche CD 40 Ligand, der unabhängig vom Troponin eine Gruppe von akuten Koronarsyndrompatienten mit erhöhtem Risiko nachweisen kann. Die äusserst wichtige Eigenschaft dieses Biomarkers ist die Reflektion der aktuellen thrombotischen Aktivität von Blutplättchen, die im Gegensatz zum Troponin, welches den bereits thrombotisch verursachten Schaden quantifiziert, eine Frühwarnung für solche Ereignisse ermöglichen könnte.

 

Wichtiger Grundpfeiler der Therapie der akuten Koronarsyndrome ist die medikamentöse Hemmung der Blutplättchen sowie der Koagulationskaskade. Alle Patienten mit akutem Koronarsyndrom erhalten Acetylsalizylsäure, welche das relative Risiko für Tod, Myokardinfarkt und Hirnschlag um 25% senkt. Eine zusätzliche Therapie mit dem Thienopyridin Clopidogrel hat sich bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom einer alleinigen Therapie mit Acetylsalizylsäure als überlegen erwiesen und resultiert in einer zusätzlichen relativen Risikoreduktion von Tod, Myokardinfarkt und Hirnschlag von 20%. Bei Patienten mit erhöhtem Risikoprofil (positives Troponin, dynamische EKG-Veränderungen) kann die Thrombozytenaggregationshemmung mit Glykoprotein IIb/IIIa-Antagonisten zu einer weiteren Senkung des Risikos beitragen. Während der Hospitalisation wird die Gerinnungskaskade durch unfraktionierte oder niedermolekulare Heparine gehemmt. Neben der Akutbehandlung spielt auch die antithrombotische Langzeitbehandlung zur Verhinderung arterieller thrombotischer Komplikationen eine wichtige Rolle. Erste Ergebnisse mit dem direkten Thrombinantagonisten Ximelagatran sind ermutigend und könnten eine weitere Reduktion des Rezidivrisikos in Zukunft bewirken.

 

Drei gross angelegte, randomisierte klinische Untersuchungen (FRISC II, TACTICS-TMI 18, RITA 3) haben in jüngster Zeit die Überlegenheit einer raschen invasiven Strategie mittels Koronarangiographie und anschliessender Revaskularisation gegenüber einer konservativen medikamentösen Therapie beim akuten Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt belegt. So konnten in der TACTICS-TIMI-18-Studie durch eine frühe invasive Strategie 20 Myokardinfarkte und 2 Todesfälle pro 1’000 behandelter Patienten verhindert werden. Die invasive Therapie erwies sich dabei mit Kosten von 12’739 Dollar pro gewonnenem Lebensjahr als kosteneffizient.

 

Beim akuten ST-Hebungs-Myokardinfarkt galt bisher die rasche Einleitung einer Reperfusionstherapie entweder mittels Thrombolyse oder sofortiger (primärer) perkutaner Koronarintervention (PCI) als Therapie der Wahl. Inzwischen hat sich jedoch die primäre PCI einer Thrombolyse in Zentren, die über beide Therapieoptionen verfügen, als eindeutig überlegen erwiesen. Dementsprechend hat die europäische Gesellschaft für Kardiologie in ihren neuen Richtlinien zur Behandlung von Patienten mit akutem ST-Streckenhebungs-Infarkt festgehalten, dass die primäre PCI einer Thrombolyse vorzuziehen sei, sofern sie innerhalb von 90 Minuten in einem Zentrum mit erfahrenen Operateuren rund um die Uhr durchgeführt werden kann. In jüngster Zeit mehren sich auch Studien, die belegen, dass Patienten mit akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt, die in einem peripheren Spital ohne Herzkatheterlabor auf genommen werden, im Vergleich zur Thrombolyse besser abschneiden, wenn sie unverzüglich (< 2 Stunden) in ein Zentrum zur Durchführung einer primären PCI transferiert werden. Diese Erkenntnisse bedingen, dass invasive Zentrumsspitäler einen 24 Stunden/7 Tage Dienst offerieren, um eine optimale Behandlung von Patienten mit akuten Koronarsyndromen rund um die Uhr zu gewährleisten.

 

PD Dr. med. Stephan Windecker, Leitender Arzt, Invasive Kardiologie, Schweizer Herz- und
Gefässzentrum Bern, Universitätsklinik Inselspital, 3010 Bern

 

 



 
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