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Kardiale Resynchronisation (Interview mit Prof. L. Kappenberger)

Neue Perspektiven bei chronischer Herzinsuffizienz – Elektrophysiologische Therapie für Herzinsuffizienz-Patienten.

 

Neuste Erkenntnisse der MIRACLE-Studie (1) zeigen, dass die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) mittels vorhofgesteuerter biventrikulärer Stimulation eine neue Therapie zur Behandlung von Patienten mit ausgeprägter bis schwerer Herzinsuffizienz und ventrikulärer Erregungsleitungsstörung darstellt. Patienten der NYHA-Klasse III oder IV und ventrikulärer Dyssynchronie bzw. zwischenventrikulärer Leitungsverzögerung zeigten mit einem implantierten InSync® System signifikant bessere Ergebnisse als die Gruppe mit herkömmlicher medikamentöser Therapie: Bei 68% der Patienten mit CR-Therapie konnte eine statistisch signifikante Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, eine Reduzierung der NYHA-Klasse um eine oder mehrere Stufen und eine Verbesserung der Lebensqualität festgestellt werden – vs. 38% in der Kontrollgruppe.


Herr Professor Kappenberger, die MIRACLE-Studie, welche Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz untersuchte, wurde kürzlich im New England Journal of Medicine (NEJM) publiziert. Wie kommentieren Sie die Ergebnisse und wie beurteilen Sie das gesamte Studiendesign?
Die Ergebnisse der MIRACLE-Studie, die in den USA und Kanada durchgeführt wurde, bestätigen die Resultate der MUSTIC-Studie (2), die in Europa vor einem Jahr publiziert wurde. Beide Studien haben klar gezeigt, dass die kardiale Resynchronisation bei der schweren Herzinsuffizienz eine erfolgreiche Therapie darstellt. Die Ergebnisse der MUSTIC- bzw. der MIRACLE-Studie sind quasi identisch. Die MIRACLE-Studie ist eine kontrollierte, doppelblind durchgeführte Studie, die eine relative hohe Patientenzahl (n = 453) in 45 Zentren untersuchte. Die MUSTIC-Studie hatte dagegen im doppelblind Crossover Verfahren bei 67 Herzinsuffizienz-Patienten gezeigt, dass die kardiale Resynchronisationstherapie eine signifikante Erleichterung bringt. Dies wurde in beiden Studien anhand der sechsminütigen Gehdistanz, der subjektiven NYHA-Klassifizierung sowie bei kardiopulmonären Testübungen (Diagnosetest) signifikant nachgewiesen. Ausserdem wurden weniger Rehospitalisierungen wegen schwerer Herzinsuffizienz verzeichnet. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit ist an sich logisch, da die kardiale Resynchronisation durch eine Synchronisierung den Sauerstoffbedarf des Myokards reduziert und dadurch die Herzleistung ökonomisiert.


Sie selbst haben bei der ersten randomisierten Studie vor MIRACLE, der Pionier-Studie MUSTIC, als behandelnder Arzt teilgenommen. Was war das Besondere an MUSTIC und was an der CR-Therapie?
Wir haben in der MUSTIC-Studie ein Crossover-Design gewählt, da man das aktive Prinzip beim selben Patienten sowohl ein- als auch ausschalten konnte. Es ist klar, dass sich das Ausschalten auf die Endpunkte fatal ausgewirkt hat, denn die Patienten wurden alle wieder symptomatisch. Sowohl die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit ging zurück als auch die Verbesserung der NYHA-Klasse. MIRACLE hat die Patienten in zwei Gruppen randomisiert. In der MIRACLE-Studie liegen also Gruppenvergleiche vor, in der MUSTIC-Studie sind es Individualvergleiche. Wesentlich festzuhalten ist, dass beide Studien, MUSTIC und MIRACLE mit der Resynchronisationstherapie eine eindeutige Verbesserung «on Top of the Best» der medikamentösen Therapie erzielten. Die Resynchronisation stellt pathophysiologisch ein neues Prinzip dar. Im Moment gibt es neben der medikamentösen Behandlung kein anderes Prinzip, das uns ermöglicht, die Fehlentwicklung die zur Herzinsuffizienz führt, zu korrigieren. Beide Studien hinterlassen aber folgende Frage: Reduziert die CR-Therapie die Gesamtmortalität? Das Studiendesign war dafür nicht ausgerichtet, d.h. die Mortalität war nicht als Endpunkt geplant. Dennoch wurde in beiden Studien die Mortalität genau verfolgt, sodass man sagen konnte, dass keine Übermortalität bei Patienten mit CR-Therapie auftrat. Momentan läuft die grosse Mortalitätsstudie CARE-HF (Cardiac Resynchronisation Therapy for Heart Failure), basierend auf den Daten von MUSTIC. Die CARE-HF ist eine europäische Multizenter-Studie, der Patienteneinschluss wird bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Um statistische Relevanz zu erreichen, werden 800 Patienten in die Studie aufgenommen. Diese Studie wird zeigen, ob wir die Mortalität vermindern können.

 

Was sind Ihre Erfahrungen mit dem minimal-invasiv implantierten InSync® System? Wie häufig haben Sie es bereits angewandt?
Es gelingt noch nicht in jedem Fall, das System funktionsgerecht zu implantieren. Das ist anatomisch nicht bei jedem Patienten möglich. Bei der MIRACLE-Studie lagen die Erfolgszahlen bei 92% und bei der MUSTIC-Studie bei 86%. MUSTIC hatte als erste Studie gezeigt, dass mehrere Zentren analoge Resultate liefern können. Technisch gesehen ist es nicht einfach, das System braucht viel Sorgfalt, eine genaue Einstellung und Programmierung. Wir haben im CHUV 1998 damit begonnen und bis heute an die 40 Geräte implantiert. Nach der initialen Lernkurve darf heute mit 95% Erfolg bei der Implantierung gerechnet werden. Das InSync® System wird in Lokalanästhesie implantiert. Bei Patienten, bei denen dies anatomisch nicht möglich ist, kann aber über einen kleinen Thoraxschnitt eine Elektrode aussen auf dem linken Ventrikel aufgeschraubt werden.

 

Was bedeutet der Einsatz der kardialen Resynchronisationstherapie bei chronischer Herzinsuffizienz für den Hausarzt – und was für den Patienten?
Das Wichtigste heute ist, dass der Hausarzt und niedergelassene Facharzt erkennt, dass es neue Möglichkeiten der Behandlung bei der schweren Herzinsuffizienz gibt. Bei einem Patienten mit einer grossen Herz-Atemnot und einem breiten QRS im EKG sollte der Kardiologe zu Rate gezogen werden. Mittlerweile haben bereits auch niedergelassene Ärzte von den hervorragenden Resultaten der kardialen Resynchronisationstherapie bei schwerer Herzinsuffizienz gehört und weisen uns Patienten zu. Das Wichtige für den Patienten ist, dass es ihm besser geht. Wenn wir die Lebensqualität verbessern und Hospitalisierungen verhindern, dann ist für den Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz etwas ganz Wesentliches erreicht. In den meisten Fällen werden die bei den Patienten geweckten Hoffnungen auch erfüllt.

 

Sie haben das Behandlungsschema mitentwickelt, das bei Patienten mit optimaler medikamentöser Therapie, die trotzdem refraktär wurden, den kleinsten gemeinsamen Nenner für Patienteneinschlusskriterien bestimmte. Wie kommentieren Sie dieses Schema?
Wir wenden heutzutage diese Kriterien an, die meine Kollegen und ich in einem Consensus Meeting erarbeitet haben. Dabei haben wir den kleinsten gemeinsamen Nenner von Patienteneinschlusskriterien verschiedener klinischer Parameter untersucht. Das Ergebnis war ein breiter QRS-Komplex für CRT ohne ein Risiko für ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern. Mit Hilfe dieses Behandlungsschemas kann nun genau definiert werden, welcher Patient für welche Therapie in Frage kommt.

 

Was glauben Sie – wäre die CR-Therapie eine sinnvolle zukünftige Therapie?
Sicher ja, denn erneute, meist lange Hospitalisationen können verhindert werden. Ich glaube, ich spreche hier im Namen aller Kollegen, die sich damit befassen. Wenn man einmal die eklatante Verbesserung unter der CR-Therapie gesehen hat, ist man überzeugt. In einer Phase, in der man die Mittel der konventionellen Therapie voll ausgeschöpft hat, kann doch noch eine wesentliche Verbesserung erzielt werden. Wir haben bis jetzt nur solche Herzinsuffizienz-Patienten gesehen, die wirklich maximal medikamentös therapiert wurden und heute wieder gut leben können. Die Therapie bietet also etwas. Der Patient wird von seinem Hausarzt weiter betreut, aber die Einstellung und Kontrolle des Systems werden am Zentrum durchgeführt.

 

Referenzen
1 Abraham WT et al. NEJM 2002, 346, 24: 1845-1853
2 Cazeau S et al. NEJM 2001, 344, 12: 873-880

 

 

Professor Lukas Kappenberger ist Chefarzt und Kardiologe am Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne. Interviewpartnerin: Dr. Ellen Heitlinger



 
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