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Hepatitis C

Epidemiologie

Weltweit sind 150 bis 250 Millionen Menschen mit Hepatitis C Virus (HCV) infiziert. In Westeuropa ist die Seroprävalenz etwa 1%. In der Schweiz gibt es schätzungsweise 70’000 HCV-Infizierte, davon sind etwas mehr als die Hälfte bekannt. HCV wird parenteral übertragen. Seit 1990 werden Blut und Blutprodukte systematisch auf HCV getestet, und seither sind transfusions-bedingte Neuansteckungen mit HCV praktisch verschwunden.

 

Die häufigste Ansteckungsweise zur Zeit ist der intravenöse Drogenabusus. Die sexuelle Übertragung ist selten. In stabilen Sexualpartnerschaften wird deshalb keine «barrier contraception» empfohlen. Bei häufig wechselnden Geschlechtspartnern wird aber der Gebrauch von Kondomen zur Verhütung der HCV-Übertragung empfohlen. Die Übertragung von der Mutter auf das Neugeborene ist ebenfalls selten (< 5%), und HCV-infizierte Frauen soll nicht von einer Schwangerschaft, einer vaginalen Geburt oder dem Stillen abgeraten werden. In der klinischen Praxis kann bis bei einem Drittel der Patienten kein eigentlicher Risikofaktor für die HCV-Infektion eruiert werden.

 

Virologie

HCV ist ein einzelsträngiges RNA-Virus. Das Genom des Virus codiert unter anderem für eine Protease und eine Polymerase, welche beide essentiell sind für die virale Replikation. Gegenwärtig werden 10-20 spezifische Hemmer der Protease oder Polymerase in klinischen Phase I oder II Versuchen getestet. Das Virus hat eine sehr hohe Replikationsrate, vermehrt sich vorwiegend (oder ausschliesslich) in Hepatozyten, und hat neben dem Menschen keinen anderen natürlichen Wirt.

 

Es gibt verschiedene Genotypen: 1, 2, 3, 4, 5 und 6. Bei uns häufig sind die Genotypen 1, 2 und 3. Die Bestimmung der Genotypen ist wichtig für die Festlegung der Therapiedauer bei Behandlungen mit (pegyliertem) Interferon und Ribavirin.

 

Pathogenese und natürlicher Verlauf der Krankheit

Nach einer Inkubationszeit von 3 bis 12 Wochen verursacht die Infektion mit HCV eine meist asymptomatische Hepatitis. Nur etwa 25% der Patienten haben Symptome wie z.B. Müdigkeit, Muskel- oder Gelenkschmerzen, oder subfebrile Temperaturen - noch weniger haben einen Ikterus. Ein Teil der Patienten eliminiert das Virus in den ersten 6 Monaten selber, aber mehrheitlich, bei 70-80% der Infizierten, wird die Infektion chronisch. Der Verlauf der chronischen Infektion ist sehr variabel. Viele Patienten haben auch nach Jahrzehnten keine nennenswerte Schädigung der Leber, während ein Teil nach 10-30 Jahren eine Leberzirrhose entwickelt. Die Gründe für diese unterschiedlichen Verläufe sind unklar. HCV ist eigentlich nicht zytopathogen. Es ist vielmehr die zelluläre Immunabwehr welche Virus infizierte Hepatozyten bekämpft und eliminiert. Diese chronische Entzündung kann zu einer zunehmenden Fibrosierung bis zur Zirrhose führen. Bei Patienten mit Leberzirrhose und chronischer Hepatitis C tritt als gefürchtete Komplikation das HCC mit einer jährlichen Inzidenz von 1-4% auf.

 

Abbildung 1: Natürlicher Verlauf der HCV-Infektion

 

Diagnose

Die Diagnose wird mit dem serologischen Nachweis von Antikörpern und dem molekularbiologischen Nachweis von HCV-RNA im Serum mittels RT-PCR gemacht. Die heutigen ELISA-Tests sind so sensitiv und spezifisch, dass der lange Zeit gebräuchliche Bestätigungs-Western-Blot nicht mehr notwendig ist. Bei positivem HCV-AK-Nachweis sollte zur Bestätigung einer aktiven HCV-Infektion direkt ein PCR-Test durchgeführt werden. Ist dieser negativ, kann von einer Ausheilung (spontan oder durch Therapie) ausgegangen werden.

 

Therapie

Idealerweise sollten nur die Patienten therapiert werden, welche zur Gruppe mit dem progressivem Verlauf der Leberkrankheit gehören. Heutzutage erlaubt nur eine Leberbiopsie eine vernünftig präzise Abschätzung des Fibrosestadiums bei einer chronischen Hepatitis C. Wenn bei einem seit 20 Jahren infizierten Patienten z.B. eine minimale Fibrosierung vorliegt, kann mit hinreichender Sicherheit von einem gutartigen Verlauf ausgegangen werden. Diese Patienten brauchen keine Therapie. Liegt hingegen histologisch ein höheres Fibrosestadium vor, dann soll wenn immer möglich eine Therapie durchgeführt werden, um die absehbaren Folgen wie Zirrhose oder hepatozelluläres Karzinom zu verhindern.

 

Die heutige Standardtherapie wird mit pegylierten Interferonen in Kombination mit Ribavirin durchgeführt. Die Medikament werden bei Genotyp 2 und 3 für 6 Monate eingesetzt, und erzielen in dieser Gruppe eine Heilungsrate von über 80%.

 

Bei Genotyp 1-Infektionen sollte die Therapie bei initialem Ansprechen für insgesamt 12 Monate durchgeführt werden. Nach 12 Therapiewochen soll das initiale Ansprechen mittels Bestimmung des HCV «viral loads» untersucht werden. Zeigt sich in dieser Untersuchung eine Reduktion des prätherapeutischen «viral loads» um mehr als Faktor 100 (2 log10 drop), spricht man von einem «early virological response». Hier sollte die Therapie konsequent für weitere 9 Monate durchgeführt werden. Fehlt dieses initiale Ansprechen, < dann sollte die Therapie abgebrochen werden, weil die Heilungschancen zu klein sind.

 

Die Therapie mit pegylierten Interferonen und Ribavirin hat beträchtliche Nebenwirkungen. Neben ungefährlichen Nebenwirkungen wie Myalgien, Arthralgien, Fieber, Müdigkeit, Leistungsabfall, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Reizbarkeit gibt es regelmässig ein Abfall der Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten, welcher auch gefährliche Ausmasse erreichen kann. Die Patienten müssen deshalb während der Therapie sorgfältig überwacht werden. All diese Nebenwirkungen sind in der Regel nach Ende der Therapie reversibel. Sie zwingen manchmal zur Reduktion der Medikamentendosis, selten auch einmal zum Abbruch der Therapie. Bedrohlich können psychische Nebenwirkungen wie Depressionen (bis zum Suizid) und Psychosen sein, die gehäuft bei Patienten beobachtet werden, die in der persönlichen Anamnese mit psychischen Leiden belastet sind. Leider gibt es auch irreversible Nebenwirkungen wie z.B. eine permanente Schilddrüsenfunktionsstörung oder ein Ausfall sämtlicher Körperhaare, die glücklicherweise selten sind.

 

Zusammenfassung

Die chronische Hepatitis C ist eine häufige Leberkrankheit. Sie betrifft schätzungsweise 1% der Bevölkerung. Die heutige Therapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin ist wirksam, aber auch mit beträchtlichen Nebenwirkungen belastet. Es gilt deshalb, die Indikation zur Therapie sorgfältig abzuwägen und mit den Patienten zu besprechen. Die Leberbiopsie gibt Auskunft über das Stadium der Fibrose der Leber. Patienten mit gutartigen Verlaufsformen der chronischen Hepatitis C, d.h. mit fehlender oder minimaler Fibrosierung der Leber nach längerem Verlauf, brauchen keine Therapie. Patienten mit einem aggressiven, progredienten Verlauf sollten hingegen wenn immer möglich behandelt werden, um die Entstehung einer Zirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms zu verhindern. Während der Therapie ist eine sorgfältige Überwachung von potentiell gefährlichen Nebenwirkungen und eine Begleitung der Patienten in einer häufig auch psychisch belastenden Periode zwingend notwendig.

 

 

Prof. Dr. med. Markus Heim, Leiter Hepatologie, Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie,
Kantonsspital Basel.



 
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