Neues in der Behandlung der therapieresistenten Rheumatoiden Arthritis
Einleitung
Die Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) hat sich in den vergangenen 10 Jahren stark gewandelt. Mit der Verfügbarkeit der sogenannten Biologika, biotechnologisch hergestellten Medikamenten, die spezifisch in die Entzündungsentstehung eingreifen, konnte die Behandlung, insbesondere von schweren Verlaufsformen einer RA, massiv verbessert werden.
Das Ziel der Behandlung einer RA ist einerseits die Unterdrückung der Gelenksentzündung, was gleichzeitig schmerzhemmend wirkt, andererseits auch die Verhinderung der Knorpel- und Knochenzerstörung. Dies kann mit sogenannten Basistherapeutika erreicht werden. Im Gegensatz beispielsweise zu NSAR können Basistherapeutika den Krankheitsverlauf beeinflussen und werden deshalb im englischen Sprachraum auch als disease modifying anti-rheumatic drugs bezeichnet (DMARD).
Konventionelle Basistherapeutika
In der Regel wird bei einer neu diagnostizierten RA zunächst eine konventionelle Basistherapie begonnen, wobei die in Tabelle 1 aufgeführten Medikamente zur Anwendung kommen. Aufgrund der ausgezeichneten Wirksamkeit bei gleichzeitig meist guter Verträglichkeit hat sich Methotrexat als Basismedikament der ersten Wahl etabliert. Nebst Methotrexat wurde jedoch auch für Salazopyrin, Leflunomid und die anderen in Tabelle 1 aufgeführten Medikamenten eine signifikante Wirkung bei RA in kontrollierten Studien gezeigt. Bei Problemen mit der Verträglichkeit oder bei Kontraindikationen für Methotrexat besteht somit eine Auswahl an Therapiealternativen. In klinischen Studien wurde zudem gezeigt, dass Kombinationen von Basistherapeutika synergistisch wirken können [1]. Bei Patienten die auf eine Monotherapie, beispielsweise mit Methotrexat, ungenügend ansprechen können deshalb Kombinationen von Basistherapeutika eingesetzt werden. Bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität, frühem Nachweis von erosiv-destruktiven Veränderungen sowie Nachweis von Rheumafaktor- und anti-CCP-Antikörpern, als prognostisch ungünstige Faktoren, muss der primäre Einsatz einer Kombinationsbasistherapie erwogen werden. Patienten mit initial aggressiver Therapie mit einer Basistherapiekombination weisen einen günstigeren Langzeitverlauf auf, verglichen mit Patienten, die initial mit einer Monotherapie behandelt wurden [2].
Bei vielen Patienten ist aber auch damit eine befriedigende Kontrolle der entzündlichen Aktivität nicht zu erreichen. Dies ist deshalb von Bedeutung, da parallel dazu auch die erosiv-destruktiven Veränderungen fortschreiten, was im Langzeitverlauf zu invalidisierenden Gelenkfehlstellungen führen kann. Hier stehen nun seit einigen Jahren die TNF-Inhibitoren als Therapiealternative zur Verfügung.
Tabelle 1: Gebräuchliche konventionelle Basismedikamente
Wirkstoff |
Markenname |
Methotrexat |
|
Leflunomid |
Arava® |
Sulfasalazin |
Salazopyrin® |
Hydroxychloroquin |
Plaquenil® |
Gold i.m. |
Tauredon® |
Cyclosporin A |
Sandimmun® |
TNF-Inhibitoren
Zur Zeit sind 3 Präparate zur Behandlung der RA kassenzulässig (Tabelle 2), wobei die Anwendung limitiert ist auf Patienten mit ungenügendem Ansprechen auf konventionelle Basistherapien oder Unverträglichkeiten. Etanercept (Enbrel®) ist ein TNF-Rezeptor-Fusionsmolekül, Infliximab (Remicade®) und Adalimumab (Humira®) sind monoklonale Antikörper gegen TNF. Remicade ist ein chimärischer Antikörper mit Mausanteilen. Aufgrund des Mausanteils muss Remicade mit Methotrexat kombiniert werden um die Bildung von Antikörpern in den behandelten Patienten zu hemmen. Für alle 3 TNF-Hemmer wurde die Wirkung bei RA in grossen kontrollierten Studien gegenüber Methotrexat untersucht. Etwa 2/3 der auf Methotrexat resistenten Patienten mit RA sprechen auf TNF-Inhibitoren an. Von besonderem Interesse ist, dass TNF-Inhibitoren gegenüber den konventionellen Basistherapien eine überlegene antierosive Wirkung aufweisen. Das Fortschreiten der destruktiven Veränderungen in den Gelenken wird durch die TNF-Blocker viel stärker unterdrückt als beispielsweise durch Methotrexat. Dies bemerkenswerterweise selbst dann wenn die klinisch fassbare Gelenksaktivität nur unbefriedigend supprimiert ist [3]. Es wurde deshalb spekuliert, dass die Entzündungsprozesse und die Gelenkszerstörung möglicherweise nur teilweise pathogenetisch gekoppelt sind. Daraus folgt, dass besonders Patienten mit frühem Auftreten von erosiv-destruktiven Veränderungen von einem TNF-Inhibitor profitieren können. In allen kontrollierten Studien mit TNF-Inhibitoren wurde zudem festgestellt, dass Patienten die zusätzlich Methotrexat erhielten ein besseres klinisches Ansprechen und eine geringere radiologisch fassbare Progression aufwiesen. Wenn möglich sollte deshalb ein TNF-Inhibitor mit Methotrexat kombiniert werden [4, 5].
Was tun wenn ein Patient nicht auf die TNF-Inhibitortherapie anspricht? Bei initialem Ansprechen auf die Therapie und sekundärem Therapieversagen kann eine Dosiserhöhung oder eine Verkürzung des Dosisintervalls vorgenommen werden. Bei fehlender Besserung ist eine Therapieänderung angezeigt. Die unterschiedliche Struktur von Etanercept gegenüber Remicade und Humira hat Unterschiede in der Funktion zur Folge. Obwohl die therapeutische Potenz der 3 TNF-Hemmer bei RA vergleichbar scheint, sind erfolgreiche Medikamentenwechsel bei Therapieversagen in beiden Richtungen beschrieben worden. Ein Wechsel des TNF-Blockers kann deshalb versucht werden. Bei weiterer Therapieresistenz muss dann ein Wechsel auf andere Biologika erwogen werden.
Tabelle 2: Zugelassene Biologika zur Behandlung der RA
Wirkstoff |
Markenname |
Wirkungsprinzip |
Etanercept |
Enbrel® |
solubler TNF-Rezeptor |
Infliximab |
Remicade® |
anti-TNF-Antikörper |
Adalimumab |
Humira® |
anti-TNF-Antikörper |
Rituximab |
Mabthera® |
anti-CD20-Antikörper |
Neue Biologika bei RA
Einige neue Biologika werden zur Zeit in Phase 3 Studien erprobt, sind jedoch ausserhalb von klinischen Studien in der Schweiz noch nicht erhältlich. Seit dem 1.6.2006 ist für die Indikation RA jedoch Rituximab (Mabthera®) zugelassen worden. Rituximab ist ein monoklonaler Antikörper gegen das Oberflächenmolekül CD20, das auf B-Lymphocyten exprimiert wird. Die Bindung von Rituximab an CD20 führt zum Tod der B-Lymphocyten. Aufgrund dieser Wirkung wird Rituximab seit einigen Jahren in der Behandlung von B-Zell-Lymphomen eingesetzt. Dass B-Lymphocyten bei RA eine wichtige Rolle spielen wurde lange vermutet aufgrund der Bildung von Rheumafaktor-Autoantikörpern. Den Beweis für den Beitrag der B-Zellen in der RA Pathogenese lieferte Edwards et al. [6] in einer wegweisende Studie. Dabei wurde eine signifikant bessere Wirksamkeit von Rituximab als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat gegenüber einer Methotrexat-Monotherapie gezeigt. Diese Wirksamkeit konnte in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien bestätigt werden. Ein signifikantes Therapieansprechen besteht zudem auch bei Patienten, die bereits erfolglos mit TNF-Inhibitoren behandelt worden waren. Am kürzlichen europäischen Jahreskongress der EULAR wurden zudem die Daten zur radiologischen Progression bei RA vorgestellt (Keystone et al, EULAR 2006, OP0016). Es zeigte sich, dass eine signifikant geringere Zunahme der Erosionen und der Gelenkspaltverschmälerung im Vergleich zu den Kontrollgruppen besteht. Rituximab stellt somit eine Therapiealternative dar bei Patienten mit schwerer RA, die auf konventionelle Basistherapien und TNF-Inhibitoren ungenügend angesprochen haben.
Zusammenfassung
Für die Behandlung der RA stehen heute eine ganze Reihe von potenten Basismedikamenten zur Verfügung. Während ein bedeutender Teil der Patienten nach wie vor mit konventionellen Medikamenten befriedigend behandelt werden kann, bleiben diese Medikamente bei zahlreichen Patienten mit schwerer RA ungenügend wirksam oder wirkungslos. Bei dieser Population von Patienten besteht die höchste Gefährdung für Gelenkschäden. Die Verwendung von TNF-Inhibitoren hat hier zu einer entscheidenden Verbesserung der Behandlung geführt, insbesondere wegen der überlegenen antierosiven Wirkung. Aufgrund einer synergistischen Wirkung ist die Kombination der TNF-Hemmer mit Methotrexat zu empfehlen. Sollten auch TNF-Inhibitoren nicht zur Kontrolle der Arthritis genügen, steht heute eine wirksame Alternative mit Rituximab zur Verfügung.
Weiterhin ungelöst ist die Frage nach der Selektion der Patienten für eine bestimmte Therapie. Die hohen Kosten der Biologikatherapien stehen einem breiten Einsatz entgegen. Welche Patienten haben eine schlechte Prognose und sollten schon früh mit einer aggressiven Kombinationstherapie behandelt werden? Zukünftige Studien müssen eine Antwort auf diese Frage suchen und Kriterien definieren, die eine individuelle optimale Therapieplanung ermöglichen.
PD Dr. med. Diego Kyburz, Oberarzt, Rheumaklinik, UniversitätsSpital Zürich
Referenzen
1. O'Dell JR, Haire CE, Erikson N, Drymalski W, Palmer W, Eckhoff PJ, et al. Treatment of rheumatoid arthritis with methotrexate alone, sulfasalazine and hydroxychloroquine, or a combination of all three medications. N Engl J Med 1996;334(20):1287-91. 2. Goekoop-Ruiterman YP, de Vries-Bouwstra JK, Allaart CF, van Zeben D, Kerstens PJ, Hazes JM, et al. Clinical and radiographic outcomes of four different treatment strategies in patients with early rheumatoid arthritis (the BeSt study): a randomized, controlled trial. Arthritis Rheum 2005;52(11):3381-90. 3. Smolen JS, Han C, Bala M, Maini RN, Kalden JR, van der Heijde D, et al. Evidence of radiographic benefit of treatment with infliximab plus methotrexate in rheumatoid arthritis patients who had no clinical improvement: a detailed subanalysis of data from the anti-tumor necrosis factor trial in rheumatoid arthritis with concomitant therapy study. Arthritis Rheum 2005;52(4):1020-30. 4. Klareskog L, van der Heijde D, de Jager JP, Gough A, Kalden J, Malaise M, et al. Therapeutic effect of the combination of etanercept and methotrexate compared with each treatment alone in patients with rheumatoid arthritis: double-blind randomised controlled trial. Lancet 2004;363(9410):675-81. 5. Breedveld FC, Weisman MH, Kavanaugh AF, Cohen SB, Pavelka K, van Vollenhoven R, et al. The PREMIER study: A multicenter, randomized, double-blind clinical trial of combination therapy with adalimumab plus methotrexate versus methotrexate alone or adalimumab alone in patients with early, aggressive rheumatoid arthritis who had not had previous methotrexate treatment. Arthritis Rheum 2006;54(1):26-37. 6. Edwards JC, Szczepanski L, Szechinski J, Filipowicz-Sosnowska A, Emery P, Close DR, et al. Efficacy of B-cell-targeted therapy with rituximab in patients with rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2004;350(25):2572-81.
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