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Die benigne Prostatahyperplasie (BPH)

Einleitung

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist die häufigste Erkrankung des alternden Mannes. Es besteht ein Zusammenhang zwischen BPH und männlicher sexueller Dysfunktion. Durch zunehmende Erkenntnisse in der Pathogenese der Erkrankung ist heute eine differenziertere medikamentöse Behandlung der BPH als noch vor 15 Jahren möglich. In der operativen Therapie spielen andere operative Verfahren neben der transurethralen Prostataresektion (TUR-P) eine zunehmende Rolle.

 

Terminologie

Im Allgemeinen wird die Abkürzung «BPH» relativ undifferenziert als Synonym für Blasenentleerungsstörungen des älteren Mannes verwendet. Strenggenommen beinhaltet der Terminus «benigne Prostatahyperplasie – BPH» ausschliesslich eine histologische Diagnose. Der Patient präsentiert sich dagegen zunächst nicht mit einer «BPH», sondern generell mit Symptomen des unteren Harntraktes, die im angloamerikanischen Sprachraum als «LUTS» (Lower Urinary Tract Symptoms) bezeichnet werden. Folgende Terminologie sollte heute Verwendung finden:

 

BPS

Benignes Prostata-Syndrom, ist mit der alten Bezeichnung BPH identisch

LUTS Symptome des unteren Harntraktes (Lower Urinary Tract Symptoms)
BPE Benigne Prostatavergrösserung (Benign Prostatic Enlargement), beschreibt eine klinisch vergrösserte Prostata
BOO Blasenauslassobstruktion (Bladder Outlet Obstruction)
BPO Benigne Prostataobstruktion, BOO durch BPE verursacht

 

Epidemiologie

Hinsichtlich der Zahl der Betroffenen und der Kosten, die durch die Krankheit verursacht werden, muss das BPS als Volkskrankheit bezeichnet werden. Erste Veränderungen im Sinne eines BPS sind bereits ab dem 30. Lebensjahr histologisch nachweisbar. Ab dem 50. Lebensjahr ist jeder zweite und ab dem 80. Lebensjahr nahezu jeder Mann betroffen. Sowohl die Häufigkeit von LUTS, die Zunahme des Prostatavolumens und die Harnstrahlabschwächung sind alterskorreliert. Nach wie vor ist die transurethrale Resektion der Prostata eine der häufigsten Operationen bei Männern über 65 Jahren und bei jedem 5. Mann wird die Indikation für diesen Eingriff gestellt.

 

Pathogenese

Bis heute ist die Ursache für das Prostatawachstum nicht vollständig geklärt. Gesichert ist, dass Testosteron und Dihydrotestosteron (DHT) eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielen. Männer mit nicht behandeltem Hypogonadismus oder genetisch bedingt fehlender 5-a-Reduktase (katalysiert Umwandlung von Testosteron zu DHT) entwickeln keine BPS. Neben dem Androgenmetabolismus scheinen auch Östrogene, Wachstumsfaktoren, Epithel-Stroma-Interaktionen und genetische Faktoren eine Rolle zu spielen.

 

Natürlicher Verlauf

Der natürliche Verlauf des BPS ist durch eine langsame Progredienz gekennzeichnet. Es kann damit gerechnet werden, dass intermittierend auftretende Symptome von symptomarmen Intervallen unterbrochen werden.

 

Durchschnittlich verschlechtern sich die Symptome um ca. 0.5-1.0% pro Jahr. Das Risiko für eine akute Harnverhaltung liegt bei etwa 1.2% pro Jahr, das für eine Operation bei 3-7% pro Jahr. Ein grosses Prostatavolumen stellt den grössten Risikofaktor für eine akute Harnverhaltung (AHV) und eine Prostataoperation dar. Patienten mit einem Prostatavolumen
> 58 ml unterliegen einem 2.5-fach höheren Risiko für eine Prostataoperation als Patienten mit einem Volumen < 41 ml.

 

Symptome

Generell unterscheidet man beim BPS zwischen obstruktiven (Miktionssymptome) und irritativen (Speichersymptome) Beschwerden. Zu den obstruktiven Symptomen zählen: Initiales Warten, schwacher Harnstrahl, verlängerte Miktionszeit, Nachträufeln, Restharngefühl und die totale Harnsperre. Pollakisurie, imperativer Harndrang und Nykturie gehören zu den irritativen Symptomen.

 

Die BPS-Symptome werden nach Alken je nach Schweregrad in drei Stadien unterteilt:

 

Stadium 1

(Reizstadium)

Harnstrahlabschwächung, Nykturie, Pollakisurie, verzögerter Miktionsbeginn

Stadium 2

(Restharnstadium)

Beschwerden wie im Stadium 1 mit zunehmender Restharnbildung, rezidiv. Harnwegsinfekten, Blasensteinbildung, Dranginkontinenz

Stadium 3

(Dekompensationsstadium)

Überlaufblase, Harnstauungsnieren, dekompensierte Niereninsuffizienz bis zur Urämie

 

BPH und Sexualität

Wie die BPH nimmt auch die männliche Sexualfunktionsstörung mit dem Alter zu. Während des letzten Jahrzehntes haben verschiedene epidemiologische Studien den Zusammenhang der männlichen Sexualfunktionsstörung mit verschiedenen Risikofaktoren untersucht. Trotz methodischer Unterschiede konnten diese Studien einen eindeutigen Zusammenhang zwischen LUTS/BPS und sexueller Dysfunktion in alternden Männern nachweisen. Eine umfassende Übersicht zum Thema wurde 2005 publiziert. Ausserdem zeigte die Kölner «Male Survey»-Studie, dass zusätzlich zum Alter, Diabetes, Hypertension und Chirurgie im kleinen Becken, LUTS/BPS ein unabhängiger Risikofaktor für eine erektile Dysfunktion (ED) ist.

 

Eine der grössten bevölkerungsbasierten Studien von alternden Männern, die «Multinational Survey of the Aging Male» (MSAM-7), evaluierte den Zusammenhang von Alter, LUTS, begleitenden Komorbiditäten und männlicher sexueller Dysfunktion in 12’815 Männern in den USA und sechs europäischen Ländern. Die Resultate dieser Studie bestätigen den Zusammenhang zwischen LUTS/BPS und sexueller Dysfunktion bei Männern, unabhängig von Alterseinflüssen, Komorbiditäten und verschiedenen Lifestyle Faktoren.

 

Der pathophysiologische Zusammenhang zwischen LUTS/BPS und sexueller Dysfunktion ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Verschiedene Mechanismen werden vermutet, z.B. ein erhöhter Sympathikotonus, Veränderungen im Rho/Rho-Kinase-System, welches u.a. die Kontraktion glatter Muskelzellen beeinflusst, sowie altersbezogene hormonelle Imbalancen.

 

Medikamentöse BPH-Therapie

Phytopharmaka

Phytopharmaka können zu Verringerung von Beschwerden führen. Eine Verbesserung von Restharn oder der maximalen Harnflussrate wurde nur selten beobachtet. Von keiner urologischen Gesellschaft wird in Ihren BPS-Leitlinien der Einsatz von Phytopräparaten empfohlen.

 

a1-Rezeptorblocker

Vier verschiedene a1-Adrenozeptorantagonisten (a1-Blocker) stehen weltweit für die BPS-Behandlung zur Verfügung, nämlich Alfuzosin (Xatral®), Doxazosin, Tamsulosin (Pradif T®) und Terazosin (Hytrin®). Sie lassen sich sowohl durch eine Selektivität für Subtypen der a-Rezeptoren als auch durch ihre pharmakokinetischen Eigenschaften unterscheiden. Diese Unterschiede haben Einflüsse auf die Verabreichung und eventuell auf die Verträglichkeit der einzelnen Präparate. Bei adäquater Dosierung sind alle a1-Blocker ähnlich wirksam. Für alle Präparate liegen prospektive, placebokontrollierte Studien vor, die deren Wirksamkeit nachweisen. Im Vergleich zu Placebo verbessern die a1-Blocker die LUTS deutlich, den maximalen Harnfluss (Qmax) aber nur gering. Zusammenfassend konnte eine 30-40% Reduktion der Symptome, eine etwa 50%ige Verringerung des Restharns und eine 15-25%-Verbesserung der maximalen Harnflussrate nachgewiesen werden. Die Prostatagrösse wird nicht beeinflusst. Die häufigste Nebenwirkung ist eine Blutdrucksenkung durch eine gleichzeitige vasodilatatorische Wirkkomponente. Des Weiteren berichten etwa 5% der Patienten über eine retrograde Ejakulation. Die MTOPS-Studie konnte eine langfristige Verbesserung von Symptomen durch a1-Blocker zeigen, jedoch nur einen gering verzögernden Effekt auf das Risiko für einen AHV oder die Notwendigkeit einer Operation.

Vor Therapiebeginn mit einem a1-Blocker ist die Medikamentenanamnese wichtig, da Begleitmedikationen zur Therapie der Hypertonie wie Calcium-Antagonisten, a-Blocker und ACE-Hemmer bei einigen a1-Blockern zu einer Verstärkung der kardiovaskulären Nebenwirkungen führen können; die gleichzeitige Verabreichung anderer a1-Blocker zur Hypertoniebehandlung ist kontraindiziert.

 

5a-Reduktase-Inhibitoren (5ARI)

Die 5a-Reduktase liegt in zwei Isoenzymen, dem Typ I und II, vor. Eine Hemmung der 5a-Reduktase in der Prostata führt zum Absinken der intraprostatischen Dihydrotestosteron-Konzentration (DHT). Finasterid (Proscar®) hemmt selektiv den Typ II der 5a-Reduktase, während Dutasterid (Avodart®) beide Isoenzyme hemmt. Die Inhibition beider Enzyme führt zu einer stärkeren Senkung der Serum-DHT-Spiegel (etwa 90-95%) als unter Finasterid (etwa 75%). Trotz der stärkeren DHT-Senkung scheint die klinische Effizienz beider Präparate vergleichbar. Die Wirkung von 5ARI tritt verzögert nach etwa 3-6 Monaten ein und führt zu einer messbaren 20-30%igen Reduktion des Prostatavolumens, zu einer Verbesserung der maximalen Harnflussrate um 1.5-2.0 ml/s, sowie zu einer Verringerung von Symptomen. Aufgrund der Volumenreduktion wirken beide Präparate am besten bei grossen Prostatavolumina (> 40 ml). Zu bemerken ist, dass sich der PSA-Wert bei beiden Präparaten um etwa 50% reduziert. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass das Risiko für ein Prostatakarzinom nach 7-jähriger Einnahme von Finasterid um 25% gesenkt wurde. Allerdings zeigte sich auch, dass unter Finasterid häufiger aggressive Tumore (Gleason Score > 7) auftraten. Für beide 5ARI konnte gezeigt werden, dass sich unter einer Langzeitmedikation das Risiko für einen Harnverhalt bzw. eine Prostataoperation im Vergleich zur Placebogruppe um die Hälfte reduziert. Bei beiden Präparaten werden bei etwa 5% der Patienten Beeinträchtigungen der vita sexualis beobachtet.

 

Kombinationstherapie

Die besten Langzeitergebnisse werden durch den kombinierten Einsatz eines a1-Blocker mit einem 5ARI erreicht. Dies konnte die grösste, randomisierte BPH-Studie (MTOPS) zeigen. Die optimale Dauer der Kombinationstherapie ist umstritten, es sollte jedoch versucht werden den a1-Blocker nach 6-12 Monaten auszuschleichen.

 

Medikamentöse Therapie bei LUTS/BPH und sexueller Dysfunktion

Erste Studien weisen darauf hin, dass der Phosphodiesterase-5-Inhibitor Sildenafil auch zu einer Verbesserung von LUTS bei Männern mit ED führt und dass der selektive a1-Blocker Alfuzosin die sexuelle Funktion bei Männern mit LUTS/BPS verbessert. Eine signifikant höhere Rate an Ejakulationsstörungen wurde bei Tamsulosin mit 8% (0.4 mg/Tag), bzw. 18% (0.8 mg/Tag) versus 0.2% bei Placebo beobachtet.

Die Einnahme von 5ARI ist mit sexuellen Störungen, insbesondere ED und Ejakulationsstörungen verbunden. Über einen Beobachtungszeitraum von 2 Jahren trat eine ED (Finasterid 16% versus 6% Placebo) und Ejakulationsstörungen (Finasterid 8% versus 2% Placebo) signifikant häufiger auf als unter Placebo.

Vor Beginn einer medikamentösen Therapie von LUTS/BPS, sollte also die sexuelle Funktion gründlich evaluiert werden.

 

Operative BPH-Therapie

Transurethrale Prostataresektion

Auch unter einer medikamentösen Behandlung werden etwa 24% der Patienten mit moderatem BPS innerhalb von durchschnittlich 2.8 Jahren operiert. Unter den operativen Verfahren stellt die transurethrale Elektroresektion der Prostata (TURP) nach wie vor den goldenen Standard dar und setzt Massstäbe, an denen sich andere Verfahren messen müssen.

Trotz verschiedener technischer Neuerungen, sowie der mittlerweile grossen weltweiten operativen Erfahrung ist es bis heute nicht gelungen, das intraoperative Komplikationsrisiko der TURP (Einschwemmsyndrom, Blutung, Kapselperforation) vollständig zu beseitigen. Spätkomplikationen wie Harnröhrenstrikturen oder Blasenhalssklerosen finden sich in 5-10%, Zweiteingriffe innerhalb von 10 Jahren sind bei 10-15% der Patienten notwendig. Zudem ist die Lernkurve der TURP lang und Resultate hängen letztendlich von der Fähigkeit des Operateurs ab.

 

Holmium Laser Enukleation

Die Effektivität und Sicherheit der Holmium Laser Enukleation (HoLEP) als Alternative zur TURP und offenen Prostatektomie wurde in den letzten Jahren durch verschiedene Studien belegt. Unter anderem wurde die Technik prospektiv randomisiert mit der TURP und der transvesikalen Prostatektomie verglichen und zeigte gleich gute Erfolgsraten bei reduziertem Blutverlust und reduzierten Reoperationsraten. Trotz den Vorteilen der HoLEP hat die Methode bislang keine breite Akzeptanz erlangt, was unter anderem in der sehr steilen Lernkurve der Technik begründet liegt.

 

KTP-Laservaporisation

Die Kalium-Titanyl-Phosphat (KTP) Laservaporisation der Prostata (Laserscope®, San Jose) stellt ein weiteres Verfahren zur operativen Behandlung der symptomatischen BPH dar. Das Prostatagewebe wird dabei durch den Laserstrahl direkt vaporisiert und die Oberfläche koaguliert.

Durch die hohe Vaporisationsenergie von 80 Watt entsteht eine TUR-ähnliche Resektionshöhle mit exzellenter Hämostase und es kommt nicht zu Einschwemmung von hypotoner Irrigationslösung. Anhand unserer Daten ist mit einer sofortigen Verbesserung des Miktionsstrahles sowie des subjekti-

ven Prostatasymptomen-Scores (IPSS) bereits am Entlassungstag zu rechnen. Als eines der ersten europäischen Zentren behandelt die Universitätsklinik Basel seit September 2002 nahezu alle Patienten mit operationspflichtiger BPS mittels PVP. Über 400 Patienten konnten mit dieser Technik bereits erfolgreich behandelt werden.

 

Dr. med. Robin Ruszat, Oberarzt Stv., Urologische Klinik, Universitätsspital Basel

 

Referenzen
Bitte beim Autor einholen.

 

 
Medizinspektrum
 
06.06.2006 - dde
 



 
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