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Spinalkanalstenose - Ein kurzer Überblick

Einführung

Leichte, akute Rückenschmerzen sind so häufig wie harmlos. Sie vergehen häufig rasch ohne wesentliche Therapien. Sie sind in der Regel nicht gefährlich und führen im Normalfall nicht zu Behinderungen. Ein Grossteil der Bevölkerung der Schweiz nimmt im Laufe eines Jahres Medikamente gegen Rückenschmerzen ein. Aus neueren Studien ist bekannt, dass 80% der Bevölkerung mindestens 1x im Leben zumindest kurzzeitig an Rückenschmerzen leidet. Bei ca. 35% ist die HWS betroffen. In der Schweiz leiden ca. 400’000 Menschen unter chronischen Rückenschmerzen. Der Grossteil erträgt diese Schmerzen dank Selbstmedikation oder durch den Hausarzt verordnet Schmerzmittel.

 

Vertiefte Diagnostik nötig

Treten die Rückenschmerzen immer wieder auf und verursachen Symptome, die das bekannte Schmerzmuster durchbrechen, muss eine vertiefte Diagnose gestellt werden. Denn hat der Betroffene z.B. plötzlich Störungen beim Wasserlösen oder beim Stuhlgang, oder bemerkt er eine Störung beim Gehen oder Bewegen der Arme oder treten Schmerzen, Lähmungs- und Taubheitsgefühle auf, die sich vom Rücken über das Gesäss und Oberschenkel bis zu den Zehen ziehen können, oder sich vom Nacken über die Schulter und Oberarm bis zu den Fingern ausbreiten können, steckt möglicherweise eine ernsthafte Erkrankung dahinter. Zwingend ist eine Neudiagnostik auch dann, wenn eine Chronifizierung des Schmerzes droht oder bei chronischen Rückenschmerzen neue Beschwerden auftreten. Dabei stehen, selbstverständlich neben auch anderen Differentialdiagnosen, die Spinalkanalstenosen im Vordergrund, diese sind abzuklären, bzw. sind entsprechend auch auszuschliessen.

 

Gründe für Spinalkanalstenosen

Die Wirbelsäule besteht aus 7 Hals-, 12 Brust- und 5 Lendenwirbeln sowie dem Kreuzbein und dem Steissbein. Entsprechend geformt, bei günstiger Haltung, werden die Kräfte über die Lendenlordose, Brustkyphose und Halswirbelsäulenlordose so optimal wie möglich aufgenommen und abgefedert. Der Wirbelkörper mit Wirbelbogen, Wirbelgelenken, jeweiligen Fortsätzen und Bandscheiben bildet einerseits eine «Bewegungseinheit» und andererseits den entsprechenden Spinalkanal. Dieser kann aufgrund der reinen anatomischen Entstehung eher grosszügig oder primär schon relativ eng sein. Im Spinalkanal verlaufen zervikal und thorakal das Rückenmark, ab dem thorakolumbalen Übergang die Cauda equina, aus den Foramina treten die Spinalnerven in die Peripherie. Bei den Spinalkanalstenosen auf der gesamten Länge des oben beschriebenen Wirbelsäulenkanales und der Abgänge handelt es sich um Verengungen. Sie können einerseits durch einen akuten Prozess – z.B. Bandscheibenvorfall – oder auch einen degenerativen Abnutzungsprozess symptomatisch werden.

 

Degenerative Veränderungen

Abnutzungen der Bandscheiben und zunehmende Arthrosen verursachen ossäre Hypertrophien von Gelenken sowie auch reaktive Vergrösserungen von Rändern der Wirbelkörper. Diese führen zu Verengungen des an Grösse limitierten Innenraumes des Spinalkanales. Dazu kommen die Weichteile, Bänder und Bindegewebe, welche ebenfalls, als Reaktion auf die Abnützungen und insbesondere auch auf Instabilitäten der Wirbelsäule reagieren und hypertrophieren. Dadurch wird der initial freiere Raum langsam oder akut verengt. Gut verständlich ist deshalb das Postulat: Aufgrund der degenerativen Veränderungen leidet eher der ältere Mensch an den typischen Spinalkanalstenose-Beschwerden.

 

Typische Symptome

Sie können akut in jedem Alter mit plötzlich einschiessenden Schmerzen an der Wirbelsäule aufteten. Eine fadenförmige oder nicht fadenförmige Ausbreitung der Schmerzen gegen die Arme oder Beine (häufig), selten thorakal (entlang der Rippen) ist möglich. Des weiteren können Teillähmungen oder vollständige Lähmungen vorkommen, die entweder schmerzbedingt sind oder aufgrund von Kompressionen durch ursächliche Prozesse auftreten. Bandscheibenvorfälle (Abbildung 1) sind häufige Ursachen, differentialdiagnostisch müssen auch andere Ursachen in Betracht gezogen werden.

 

 

 

Abbildung 1: Zervikale Diskushernie mit C6-radikulärem Ausfallsyndrom links

 

In der Abbildung (Sagittalschnitt) sind degenerative Veränderungen dargestellt mit ausgedehnter, medialer bis mediolateraler linksseitiger Diskushernie auf der Höhe C5/6.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ältere Patienten mit chronischem Spinalkanalsyndrom leiden meistens an zunehmenden Rückenschmerzen beim Gehen und/oder Stehen, Beinschmerzen oder Gefühlsstörungen beim Gehen sowie zunehmender Muskelschwäche in den Beinen bei längeren Gehstrecken. Ursächlich sind, wie oben beschrieben, die zunehmenden degenerativen Veränderungen, die bei jeder älter werdenden Wirbelsäule auftreten, aber nicht immer im gleichen Ausmass zu Beschwerden führen müssen.

 

Abklärungen

Akute Rückenschmerzen führen den Patienten rascher zum Arzt als eine vorübergehende Verschlechterung einer chronischen Symptomatik.

 

  • 1.Wichtig ist die Erhebung einer genauen Anamnese (Auftreten und Verlauf der Symptomatik), dann folgt die eingehende klinische Untersuchung.
  • 2.Um eine sinnvolle Diagnose stellen zu können, ist eine genaue allgemeine Untersuchung (Gesamtstatus, Befinden) mit neurologischer und rheumatologischer Untersuchung notwendig. Diese ermöglicht z.B. die Unterscheidung in neue, akute Symptomatik oder chronisches Syndrom mit Exazerbation, respektive zentrales neurologisches Syndrom oder peripheres neurologisches Syndrom. Die genaue Untersuchung vereinfacht in der Praxis eine zügige Differentialdiagnose.

Differentialdiagnose

Nur schon der eng gesteckte Rahmen des reinen Spinalkanales ergibt aufgrund der möglichen Ursachen bereits eine breite Palette von Möglichkeiten. Diese muss durch eine seriöse Anamnese- und Befunderhebung eingeschränkt werden. Üblicherweise können reine lumbale Spinalkanalstenosen, zervikale Myelopathien und auch eindeutige radikuläre Syndrome gut abgegrenzt werden. Schwierigkeiten bereiten oftmals die häufigen zervikobrachialen aber auch myofaszialen Nacken-Schulter-Armsyndrome einerseits und lumbospondylogenen aber auch zervikospondylogenen Syndrome andererseits. Diese können aber im Ausschlussverfahren meist gut herausgearbeitet werden.

 

 

 

Abbildung 2: Lumbale Stenose Myelo-CT:

Myelo-CT-Darstellung bei mehrsegmentalen, deutlichen degenerativen Veränderungen besteht ein deutlicher Kontrastmittelstopp. Im rechten Bild künstlich nachgezeichnet, wurde mit rotem Pfeil der Bereich der Spinalkanalstenose lumbal dargestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus Erfahrung bereiten thorakale Myelopathien sowie auch «Double Crush Syndrome» zervikal/Arm (CTS), zervikal/lumbal, thorakal und lumbal sowie lumbal mit Einbezug des Beines (Fuss, dabei z.B. Tarsaltunnelsyndrom und Mortonneurom) erhebliche Schwierigkeiten.

 

Des weiteren sind auch im Hinblick auf Systemerkrankungen (neurologisch und internmedizinisch) reine Rückenmarkserkrankungen und/oder entzündliche sowie immunologische und vaskuläre Erkrankungen in Betracht zu ziehen.

 

Zusatzuntersuchungen

Aufgrund der Syndromdiagnose und zur Erhärtung bzw. zum Ausschluss der differentialdiagnostischen Überlegungen sind mit gezielten Fragestellungen, konventionelle Röntgenbilder (ap/seitlich, schräg [bei ausstrahlenden Schmerzen], Funktionsaufnahmen [Verdacht auf Instabilitäten] ), vornehmlich zervikal und lumbal, sinnvoll. Bei Fragen nach erheblichen ossären Stenosen und im Vordergrund stehenden ossären Degenerationen, steht das Computertomogramm zur Verfügung. Je nach Fragestellung ist ein MRI respektive eine Funktionsmyelographie mit Myelo-CT sinnvoll. Neben diesen häufig eingesetzten und gut bekannten bildgebenden Verfahren können auch aus neurologischer Sicht, elektrophysiologische Untersuchungen vertiefte und detaillierte zusätzliche Informationen liefern. Dazu stehen zur Verfügung:

 

Elektrophysiologische Untersuchung

 

  • Elektromyographie (EMG)
  • Elektroneurographie (ENG)
  • Motorisch evozierte Potentiale (MEP)
  • Somatosensorisch evozierte Potentiale (SSEP)

Zusammenfassend können mit den MEP und SSEP die Passagewege zwischen Zentralnervensystem und peripherem Nervensystem einerseits verglichen und mit der Peripherie überprüft werden sowie durch die Elektroneurographien und Elektromyographien periphere Veränderungen und Ausfälle vertieft, vermutet und differenziert werden.

 

Zudem kann eine Analyse, z.B. des Liquors, gewonnen durch eine Lumbalpunktionen, durchgeführt werden.

 

Als weiterer Puzzlestein zur Verifizierung und Erhärtung einer Differentialdiagnose können bei Spinalkanalstenosen und auch foraminalen Stenosierungen Infiltrationen unter Bildverstärker, inkl. den von uns angewendeten Sakralblöcken initial diagnostisch, im Verlauf allenfalls auch therapeutisch sehr wertvoll sein.

 

Therapieoptionen

1. Liegt aufgrund der Anamnese, Klinik, bildgebenden Verfahren und allfälligen elektrophysiologischen Untersuchungen eine klare Situation vor – Spinalkanalstenose mit oder ohne Ausfällen – kann und soll insbesondere bei Ausfällen (auch Teilparesen) und hochgradigen Sensibilitätsstörungen eine operative Therapie in Erwägung gezogen werden. Liegen hochgradige Ausfälle bei klarer Situation vor, ist je nach vorliegendem Syndrom eine notfallmässige operative Intervention notwendig.

 

2.Liegen nur geringgradige sensible und/oder motorische Ausfälle vor, besteht eine pseudoradikuläre Situation und/oder eher eine diffuse Rückenschmerzsituation. Sie soll mit konservativen Massnahmen therapiert werden. Im akuten Falle selbstverständlich medikamentös, es soll aber auch mit Mobilisation und Stabilisation versucht werden, zum Erfolg zu kommen. Dadurch und allenfalls auch mit diagnostischen und therapeutischen Infiltrationen können auch fragliche Situationen bezüglich Spinalkanalstenosen besser erhärtet und differenziert werden.

 

Tabelle vergrössern: anklicken

Dr. med. Alfred Müller, Leitender Arzt Neurologie, Schulthess Klinik, Zürich

 

Weiterführende Literatur:

Bitte beim Autor einholen

 



 
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