Grosser Handlungsbedarf in der Migränebehandlung - Die PROMPT-Umfrage
Die PROMPT-Umfrage untersuchte die Bedürfnisse und Sorgen von Migräneleidenden in sechs europäischen Ländern. PROMPT steht für «Patient Reaction and Opinion to Migraine Pain and Treatment».
Migräne ist trotz allem Fortschritt eine oft schwer behindernde Störung, die Auswirkungen auf Alltag und Beruf hat. Dies weil die Migräne vor allem die 15- bis 50-Jährigen unserer Bevölkerung betrifft. Sie liegt in jenem Lebensabschnitt, der mit Beruf und Familie am meisten zu tun hat. Patienten mit Migräne und Kopfschmerzen werden oft zu wenig ernst genommen, und sie leiden unter diesem Mangel an Aufmerksamkeit und Verständnis. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Aufgrund von Fehlinformationen werden die Patienten häufig auch nicht in genügendem Ausmass therapiert, sie erhalten die adäquate Medikation schlicht nicht.
Die Migräne der Frau ist keine eigentliche Krankheit, sondern eine Konstitution, die mit einem relevanten Behinderungsgrad rund um die Attacken verbunden ist. Sie nimmt gemäss WHO den 12. Platz ein, das heisst nur 11 Krankheiten weisen einen noch höheren Behinderungsgrad auf (für beide Geschlechter: Rang 19). Gemäss Declaration of Rome der Europäischen Kopfschmerzfederation (EHF) leiden in Europa 50 Millionen Personen an Migräne, wobei es jeden Tag zu 2 Millionen Migräneattacken kommt. Dies entspricht pro Jahr einem Verlust von mind. 10 Milliarden Euro. Die Ärztekosten machen davon lediglich einen Bruchteil aus. Weit grösse Summen gehen verloren, durch Fernbleiben vom Arbeitsplatz und durch migränebedingte verminderte Produktivität. Trotz dieser enormen volkswirtschaflichen Bedeutung sind Migräninepatienten im Durchschnitt immer noch stark vernachlässigt. Die PROMPT-Umfrage zielt auf Erhellung dieser Tatsachen aus Sicht des Patienten ab.
PROMT wurde von Synovate Healthcare in Zusammenarbeit mit dem Kopfwehzentrum Hirslanden und mit uneingeschränkter finazieller Unterstützung von Glaxo-Smith-Kline in 6 Ländern durchgeführt. Die ersten Resultate wurden der Presse und Öffentlichkeit am EFNS (European Federation of Neurological Societies) in Athen im Oktober 2005 vorgestellt. Die Umfrage wurde in Italien, Deutschland, Holland, Spanien und Schweden durchgeführt und untersuchte folgende Punkte:
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Typische Symptome
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Diagnostischer Prozess
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Frequenz und Häufigkeit
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Einbusse an Lebensqualität
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Soziale Behinderung in Beruf und Familie
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Wirksamkeit der Behandlungen
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Demographie
Diese Punkte wurden mittels 34 internetbasierten Fragen untersucht, wobei einzelne Fragen Unterfragen enthielten, so dass über 60 Antworten für die Analayse zur Verfügung standen. Bei 16 Fragen handelte es sich um dieselben Fragen, die auch im MSQOL-Fragebogen (Migraine-Specific Quality of Life) enthalten sind. 1’500 Migräniker (Frauen und Männer) wurden insgesamt befragt.
Auswertung 92% der Befragten stimmten der Aussage zu, dass eine Person ohne Migräne, Migräneleidende nicht verstehen könne. Nicht selten klagen die PatientInnen darüber, dass sie von ihren Ärzten bezüglich Migräne nicht ernst genommen werden.
Medikoökonomische Bedeutung der Migräne
Ein Migräniker bleibt der Arbeit wegen Migräne und Kopfschmerzen im Jahresdurchschnitt 10 Tage fern. 87% der Befragten gaben an, dass durch die Migräne ein Energieverlust entsteht, mit negativen Auswirkungen auf Arbeit und Familie. 87% stimmten der Aussage zu, dass die Migräne die Konzentration reduziere, im Beruf wie auch im Alltag, bzw. in der Freizeit. Besonders bei sportlichen Aktivitiäten kann bereits eine leichte Reduktion der Konzentration zu erheblichen Störungen und Gefahrenmomenten führen. 83% sagten aus, dass die Migräne einen negativen Impact auf den Umgang mit Freunden und Familie hat. 80% sind durch die Migräne regelmässig stark frustriert und wütend. Schliesslich, und das finde ich persönlich äusserst wichtig, fühlen sich 85% der Befragten durch die Migräne in ihren intimen Beziehung gestört. Dieser letzte Punkt wurde auch in den meisten, teils sehr umfangreichen Umfragen noch kaum je erfragt.
Umgang und Erfahrungen mit medikamentöser Behandlung
Triptane sind schneller wirksam als andere Analgetika. Dies finden die Patienten, welche bereits Erfahrungen mit Triptanen machten. Den 1’500 Studienteilnehmern wurde ein Auswahliste mit wichtigen Eigenschaften der Attackenbehandlungen vorgelegt. Es stellte sich heraus, dass dem Prädikat «beginnt schnell zu wirken» die höchste Rangordnung zukam. Am zweitwichtigsten war für die Patienten die Zuverlässigkeit. Das heisst, nach Behandlung mit einem solchen Medikament sollte es im Idealfall nicht zu einem Wiederaufflammen der Attacke kommen. An dritter Stelle stand der Wunsch, nach Attackenbeginn respektive Behandlungsbeginn, die Arbeit schnell wieder aufnehmen zu können. Dennoch nehmen nur knapp die Hälfte der Befragten ihre Attackenmedikamente innerhalb der ersten dreissig Minuten nach Symptombeginn ein (Abbildung 1).
Abbildung 1: Durchschnittliche Zeit vom Einsetzen der Symptome bis zur Medikamenteneinnahme
Praktische Erfahrung und verschiedene Studien belegen aber die alte Erfahrung, dass eine Migräneattacke unverzüglich nach Beginn und mit ausreichender Dosierung behandelt werden soll. Diese, der verzögerten Behandlung deutlich überlegene Strategie zeigt nicht nur Vorteile gegenüber verkürztem Leiden, sondern auch pharmakoökonomische Vorteile. Die Attackenbehandlung kommt insgesamt billiger zu stehen. Im Umgang mit Attackenmedikamenten zeigte die Umfrage folgendes: Triptane wirken schneller als die Klasse der Analgetika (Abbildung 2). Die Attackenlänge und Anwendung von Triptanen war kürzer als unter Analgetika (4 Stunden 16 Minuten versus 5 Stunden 26 Minuten).
Abbildung 2: Durchschnittliche Attackendauer – Triptane versus andere Analgetika
Zusammenfassend zeigte die Umfrage unter 1’500 Betroffenen in 6 Ländern Europas, dass ein sehr hoher Informations- und Handlungsbedarf vorhanden ist. Die Attackenbehandlung muss weiter optimert werden. Ingesamt werden die Triptane den Analgetika vorgezogen, u.a. wegen dem schnellerem Wirkungseintritt. Dies wurde als wichtigstes Attribut für eine gelungene Behandlung hervorgehoben. Die Unterschiede in den sechs befragten Ländern sind bemerkenswert klein. Dr. med. Reto Agosti, Leitung Kopfwehzentrum, Klinik Hirslanden, Zürich
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