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Ultraschall gesteuerte Therapien in der Leber

Der Hepatologie haftet häufig der Ruf an ein sprödes Fachgebiet zu sein. Beim Spektrum der Erkrankungen hat man es in der Regel mit chronischen Zuständen zu tun, die meist über Jahre hinweg langsam progredient verlaufen und bei denen in der Vergangenheit ausser dem beobachtenden Zuwarten kaum Behandlungsmöglichkeiten bestanden. In den letzten Jahren lenkten die Errungenschaften in der Therapie der chronischen Virushepatitis (insbesondere der HCV-Infektion) und eine Reihe von Forschungserfolgen in der Erklärung der Pathogenese von Lebererkrankungen, wie z.B. der Hämochromatose ein grösseres Interesse auf die lebhaften

 

Entwicklungen in diesem Bereich der Gastroenterologie.

Noch weitgehend unbekannt ist jedoch die Tatsache, dass sich die Hepatologen, zumindest in den grösseren Zentren, zunehmend auch das Handlungsfeld der direkten Intervention an ihrem Lieblingsorgan erobert haben. Die Zeit, in der ein Stich mit der Menghini-Nadel ins Leberparenchym allein dem diagnostischen Nachweis einer diffusen Erkrankung diente, ist endgültig vorbei. Dabei war es ausgerechnet die sanfte Methode des Ultraschalls, die der interventionellen Hepatologie den Weg bereitete. Was für den Kardiologen das Stethoskop ist, wurde für den Hepatologen der Schallkopf des Ultraschallgerätes: ein unentbehrliches Instrument für den körperlichen Status, ein Hilfsmittel, das aus der alltäglichen Praxis nicht mehr wegzudenken ist. Mit der wachsenden Verbreitung des Ultraschalls in der Gastroenterologie und der dynamischen technischen Geräteentwicklung der letzten Jahre, lag es nahe, dass die Ultraschallsonde in der Hand erfahrener Untersucher nicht nur zur Detektion verdächtiger Befunde, sondern zunehmend auch zu ihrer invasiven Diagnostik und Therapie herangezogen wurde. Neben dem grossen Vorzug der umfassenden Patientenbetreuung durch die gleiche hepatologisch versierte Ärztin oder Arzt, bietet die Verwendung des Ultraschalls als Zielverfahren eine Reihe wesentlicher Vorteile gegenüber radiologischen Verfahren. Es sind dies: das Fehlen jeglicher Strahlenbelastung, eine vollständige „real-time“ Visualisierung des kompletten Punktionsvorgangs, eine Darstellung der Biopsie über jeden beliebigen Winkel und über jeden beliebigen Zugangsweg, die Möglichkeit der bettseitigen Punktion, sowie der Vorteil, dass durch das Zuschalten der Farb-Doppler-Sonographie in unklaren Fällen grössere Gefässe identifiziert und Verletzungen vermieden werden können. Neuerdings gestattet die Verwendung von Ultraschallkontrastmitteln auch die Detektion von Läsionen, die im konventionellen B-Bild nicht nachweisbar sind.

 

Während in den Achtziger Jahren Punktionen noch häufig in der umständlichen Freihandtechnik durchgeführt wurden, hat sich heutzutage die Verwendung eines speziellen Linear-Array-Schallkopfes etabliert. Bei diesem ist eine Kerbe zur Positionierung der Punktionsnadel in den Ultraschallkopf eingearbeitet. Für diagnostische Zwecke können mit diesem Verfahren verdächtige Herde mit geringem Aufwand und für den Patienten wenig belastend in gezielter Lokalanästhesie und gegebenenfalls auch unter leichter Sedation punktiert werden. Unter der Verwendung spezieller Schneidebiopsie-Instrumente lassen sich hervorragende Biopsiezylinder entnehmen, ohne dass das Material durch das zusätzliche Anlegen von Unterdruck bei der Aspiration lädiert würde.

 

Die therapeutische, ultraschallgesteuerte Intervention kennt zwei Hauptindikationen: die Punktion und Entlastung eines Leberabszesses und die lokal ablative Therapie des hepatozellulären Karzinoms, sowie von isolierten Metastasen in der Leber.

 

Drainage des pyogenen Leberabszesses

Am häufigsten entstehen Leberabszesse durch die Fortleitung eines Infektes im Bereich der Gallenwege oder seltener durch eine hämatogene Absiedelung nach Bakteriämie. Die klinischen Symptome sind variabel und häufig unspezifisch. Fieber findet sich bei rund 90% der Patienten, doch nur eine knappe Hälfte klagt auch über Abdominalschmerzen. So ist ein Fieber ungeklärter Herkunft (FUO) häufig das Leitsymptom, das zur Identifizierung eines Leberabszesses führt. Abnorme Laborwerte sind dagegen nicht spezifisch, am häufigsten führt hier eine erhöhte alkalische Phosphatase auf die richtige Spur. Wenn die Diagnose gestellt ist, benötigen Leberabszesse in der Regel eine kombinierte antibiotische Therapie und Drainage. Nur sehr grosse, oder der Punktion nicht zugängliche Abszesse müssen primär chirurgisch angegangen werden. Die übrigen lassen sich unter Sicht punktieren, wobei ein durch den Stichkanal eingelegter pigtail-Drain die Abszesshöhle direkt, oder nach wiederholtem Anspülen in fünf bis sieben Tagen entleert, während gleichzeitig eine resistenzgerechte antibiotische Therapie ihren Teil zur Abheilung beiträgt. Es ist sogar weiterhin eine offene Frage, ob wiederholte gezielte Punktionen mit Aspiration von Pus der Drainage vorzuziehen sind [1]. (Yu 2004) Während die Mortalitätsrate der pyogenen Leberabszesse zur Zeit der Erstbeschreibung der Abszessdrainage in den fünfziger Jahren noch bei 65% lag, hat sich die Prognose dank der verbesserten Verfahren heute auf unter 5% reduziert und die durchschnittliche Hospitalisationsdauer liegt heute bei etwa 12 Tagen [2].

 

Lokaltherapie des hepatozellulären Karzinoms

Die wichtigere, weil im Alltag häufigere Anwendung der ultraschallgesteuerten Therapie liegt jedoch in der Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC). Dieser Tumor, meist auf der Basis einer Zirrhose entstanden, stellt auch in der westlichen Welt ein zunehmendes Gesundheitsproblem dar. Durch regelmässige Untersuchungen mit Sonographie und Alpha-Fetoprotein (AFP) hat die Zahl der früh diagnostizierten, kleinen Tumore in den letzten Jahren zugenommen. Damit kann eine zunehmende Zahl von Patienten einer kurativen Therapie zugeführt werden die in der chirurgischen Resektion oder wenn immer möglich Lebertransplantation besteht. Allerdings verbieten leider in 70-80% der Fälle Kontraindikationen (wie fortgeschrittenes Tumorstadium, Leberinsuffizienz, Alter, Begleiterkrankungen) oder der Organmangel einen solchen radikalen kurativen Ansatz. In dieser Situation, und da das HCC kaum auf Zytostatika anspricht, kommen lokal ablative nicht-chirurgische Verfahren zum Einsatz.

 

Perkutane Alkoholinjektion

Während der letzten Dekade wurde mit der perkutanen Alkoholinjektionstherapie (PEI) eine grosse klinische Erfahrung gesammelt, die diese einfache, kostengünstige und effiziente Methode sehr populär gemacht hat [3]. Die rationale Grundlage liegt in der gewebetoxischen Wirkung von 96%-igem Alkohol, der, direkt in einen Befund gespritzt zu einer Koagulationsnekrose und zusätzlichen Thrombosierung der Mikrozirkulation des Tumorknotens führt. Dabei fördert die pathologische Vaskularisation des Tumors und die im Vergleich zum umgebenden zirrhotischen Gewebe weichere Beschaffenheit eine gleichmässige und auf den Tumorknoten begrenzte Ausdehnung der instillierten Flüssigkeit. Die ultraschallgesteurte Injektion erfolgt unter Sicht, wobei sich der verteilte Alkohol als echogene Wolke darstellt. So können in einer Sitzung bis zu 10 ml Alkohol gespritzt werden, bis entweder Schmerzen auftreten oder die Begrenzung des Befundes überschritten wird [4]. PEI erwies sich in solitären Tumorknoten bis zu einer Grösse von 3 cm als hoch effektiv mit einer kompletten Remission in bis zu 80% der Fälle [5]. In grösseren und/oder multinodulären HCC ist das Ansprechen auf 50% komplette Remission in Knoten von 3 bis 5 cm Grösse reduziert. Bei grösseren Herden wird die Therapie gelegentlich durch Septen oder Kompartimentierungen der Neoplasie behindert. In 15 bis 20 % der Fälle treten innerhalb eines Jahres nach PEI Rezidive auf, die gegebenenfalls wiederum einer Lokaltherapie unterzogen werden können. Die Langzeitresultate, dies wurde in mehreren grossen Studien gezeigt, hängen von der initialen Tumorgrösse und dem CHILD-Stadium der Leberzirrhose ab. Für CHILD-A-Patienten liegt das 3 Jahresüberleben bei rund 70% und das 5 Jahresüberleben bei rund 50%. Für CHILD-C-Patienten bietet das Verfahren jedoch keinen Überlebensvorteil und ist nicht indiziert (s. Tabelle 1).

 

Tabelle 1: PEI-Indikationen und Kontraindikationen (nach Lotterer E. et al.)

 

 

Trotz des mechanistisch invasiven Vorgehens ist die PEI ein sicheres Verfahren mit geringen Komplikationen. Am häufigsten treten Schmerzen durch das Abtropfen einer kleinen Menge Alkohol aus dem Stichkanal in die Peritonealhöhle auf. Fieber ist meist Ausdruck der lokalen Tumornekrose. Die Mortalität liegt bei 0-0.09% und auch die Absiedelung von Stichkanalmetastasen liegt mit 0.7% tiefer als häufig vermutet [4].

 

Radiofrequenz-Thermoablation

Die Methode der Radiofrequenz-Thermoablation (RFTA) wurde zu Beginn der Neunziger Jahre in die therapeutische Praxis eingeführt. Bei diesem Verfahren wird unter sonographischer Steuerung eine Nadelelektrode in den Tumorherd vorgeschoben. Anschliessend werden von der nicht-isolierten Elektrodenspitze Radiofrequenzwellen (Frequenz 480-500 kHz) ausgestrahlt. Die Energie wird durch einen externen Generator geliefert. Der Patient ist Bestandteil des Radiofrequenzkreislaufs der durch grossflächige Hautelektroden geschlossen wird. Durch schrittweise Steigerung der Energie wird während 8 bis 15 Minuten eine lokale Hyperthermie erreicht, die eine Koagulationsnekrose auslöst, eine Reaktion, die ebenfalls sonographisch durch das Erscheinen einer „hyperechogenen Wolke“ beobachtet werden kann. Zentral ist dabei das Einhalten einer Zieltemperatur bei der weder durch das Entstehen von Blasen ein Energieverlust auftritt, noch durch die Kühlung der Blutzirkulation das gewünschte Resultat kompromittiert wird. Elektroden mit ausfahrbaren Widerhaken vergrössern das behandelte Volumen und verringern damit die Anzahl der benötigten Sitzungen. Grundsätzlich sind die Indikationen und Nachkontrollen bei der RFTA die gleichen, wie bei der PEI. In einer prospektiven randomisierten Studie fand sich bei Patienten mit einem HCC ≤ 3 cm eine komplette Nekrose bei 90% nach RFTA und 80% nach PEI. RFTA benötigte weniger Sitzungen, zeigte jedoch eine leicht erhöhte Komplikationsrate. Hinsichtlich Rezidivrate und Langzeitüberleben besteht kein signifikanter Unterschied. Zusammenfassend kann die RFTA damit als ein komplikationsarmes und sicheres Alternativverfahren zur PEI beurteilt werden [6].


PD Dr. med. Ludwig T. Heuss, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Basel.


Referenzen
1. Yu, Simon C. H. et al. Treatment of pyogenic liver abscess: prospective randomized comparison of catheter drainage and needle aspiration. Hepatology 2004; 39:932-38.
2. Rahimian, J, Wilson, T, Oram, V, Holzman, RS. Pyogenic liver abscess: recent trends in etiology and mortality. Clin Infect Dis 2004; 39:1654.
3. Gaiani, S, Celli, N, Cecilioni, F, Piscaglia, F, Bolondi, L. Review artiche: percutaneous treatment of hepatocellular carcinoma. Aliment Pharmacol Ther 2003;17 (Suppl. 2):103-110.
4. Lotterer, E. et al. Interventionelle Therapieoptionen beim hepatozellulären Karzinom. Chir Gastroenterol 2003;19:231-37.
5. Vilana, R et al. Tumor size determines the efficacy of percutaneous ethanol injection fort he treatment of small hepatocellular carcinoma. Hepatology 1992;16:353-7.
6. Buscarini, E et al. Radiofrequency thermal ablation of liver tumors. Eur Radiol (2005) 15:884-894.

 

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14.11.2005 - ssc
 
 



 
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