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Diastolische Herzinsuffizienz – Essenz für den Grundversorger

Diastolische Herzinsuffizienz…

… ist eine wichtige Erkrankung und häufig bei älteren Damen...

Zwischen 40 und 50% der Patienten mit Herzinsuffizienz haben eine normale oder eine nur minimal eingeschränkte linksventrikuläre Funktion. Die Prävalenz der diastolischen Herzinsuffizienz hängt wesentlich vom Alter und Geschlecht der Patienten ab. So findet sich bei über 70-jährigen, herzinsuffizienten Personen bei 50%, bei 50-70-Jährigen bei einem Drittel und bei unter 50-Jährigen nur bei 15% der Patienten hauptsächlich eine diastolische Herzinsuffizienz. Zusätzlich scheinen Frauen deutlich häufiger aufgrund einer diastolischen Dysfunktion an Herzinsuffizienz zu erkranken.

 

... ist schwierig zu definieren...

Die diastolische Herzinsuffizienz ist charakterisiert durch

  • Symptome und Befunde der chronischen Herzinsuffizienz,
  • eine normale oder nur minimal reduzierte linksventrikuläre, systolische Funktion (LVEF > 40%)
  • und eine verminderte linksventrikuläre Relaxation und Füllung und/oder erhöhte Steifigkeit des linken Ventrikels.

Die Ursache der diastolischen Herzinsuffizienz ist die diastolische Dysfunktion des linken Herzens, eine Erkrankung bei der die ventrikuläre Füllung abnormal und der linksventrikuläre enddiastolische Druck (normal < 12 mm Hg) erhöht sind. Bei isolierter diastolischer Dysfunktion ist das linksventrikuläre Volumen meist normal oder gar reduziert und die linksventrikuläre Funktion häufig supranormal. Im Verlauf der Erkrankung besteht praktisch immer ein Kontinuum, welches von der abnormalen linksventrikulären Relaxation über die diastolische Dysfunktion zur diastolischen Herzinsuffizienz führt.

 

Die Herzfrequenz beeinflusst wesentlich die diastolische Funktion. Bei Tachykardie wird die Zeit der linksventrikulären Füllung verkürzt und damit nimmt die Herzfunktion weiter ab. Ein wichtiges therapeutisches Ziel ist darum, Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz zu bradykardisieren und Vorhofsarrhythmien, speziell Vorhofflimmern, zu verhindern.

 

... hat eine ungünstige Prognose...

Zwar ist die Prognose der Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz nicht so schlecht wie diejenige von Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz. Verschiedene langfristige Studien haben aber gezeigt, dass die Mortalität etwa 30% über 5 Jahre und die Morbidität, gemessen an den herzinsuffizienzbedingten Hospitalisationen, etwa 50% über 5 Jahre beträgt. Mortalität und Morbidität sind stark altersabhängig und verdoppeln sich bei über 70-jährigen, verglichen zu unter 50-jährigen Patienten.

 

... hat multiple Ursachen.

Bei der Abklärung einer diastolischen Dysfunktion lohnt es sich, systematisch vorzugehen und nach Ursachen zu suchen, die

  • die Nachlast des Herzens erhöhen, wie
     - die hypertensive Herzkrankheit
     - die valvulären Herzkrankheiten (Aortenstenose, Aorten- und Mitralinsuffizienz)
  • die Relaxationsfähigkeit des Herzens vermindern, wie
     - die Hypertrophe (obstruktive) Kardiomyopathie
     - die ischämische Kardiomyopathie: Ischämie führt innert Minuten zu einer diastolischen Dysfunktion
     - die infiltrative (z.B. Amyloidose und Sarkoidose) und restriktive Kardiomyopathie (z.B. nach Bestrahlung)
     - die diabetische Kardiomyopathie

 

Die diastolische Herzinsuffizienz...

... manifestiert sich durch Rückwärtsversagen…

Die diastolische Dysfunktion manifestiert sich durch Symptome des Rückwärtsversagen. Ein Vorwärtsversagen ist selten und meist durch inadäquate Therapie mit Diuretika oder Vorlastsenker verursacht. Anstrengungsdyspnoe, Orthopnoe, paroxysmale nächtliche Dyspnoe und nächtlicher Husten sind die Kardinalsymptome.

 

Die klinischen Befunde, die sich bei dem Rückwärtsversagen finden, sind typischerweise:

  • Ein erhöhter zentralvenöser Druck und positiver hepato-jugulärem Reflux
  • Feuchte Rasselgeräusche in den basalen Lungenfeldern und eventuell Pleuraergüsse
  • Periphere Ödeme, Lebervergrösserung und Aszites

Die Anamnese und Symptome der Herzinsuffizienz lassen keine Differenzierung zwischen systolischer und diastolischer Dysfunktion zu. Diese muss mittels Echokardiographie oder nuklearmedizinischen Untersuchungen gemacht werden.

 

… muss differenziert werden von anderen Erkrankungen…

Insbesondere Erkrankungen, die bei erhaltener systolischer Funktion zu Herzinsuffizienz führen, wie konstriktive Perikarditis, Perikardtamponade schwere Mitralstenose.

 

… sollte abgeklärt werden mittels…
  • BNP: Das Brain Natriuretic Peptide (BNP) wird bei einer Erhöhung der Herzwandspannung sezerniert und Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz haben meist mässig erhöhte Werte, die je nach verwendetem Test im Bereich von 200-500 pg/mL (normal < 80-100 pg/mL) liegen.
  • Echokardiographie: Die transthorakale Echokardiographie ist heute die Untersuchung der Wahl für die weitere Abklärung eines Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz. Mit ihr lassen sich einfach und nicht-invasiv sowohl die systolische wie auch die diastolische Funktion des linken Ventrikels bestimmen. Der Dopplerechokardiodiographie kommt bei der Bestimmung der diastolischen Funktion die grösste Bedeutung zu.
  • Herzkatheter (bei diagnostischen Unsicherheiten): Die invasive Abklärung der intraventrikulären Drucke und Volumina sind weiterhin der Goldstandard für die Bestimmung der diastolischen Funktion des Herzens. Allerdings haben die nicht-invasiven Methoden bei der Diagnostik der diastolischen Dysfunktion heue die invasive Abklärung verdrängt.

 

Die Therapie der diastolischen Herzinsuffizienz…

… beginnt mit der Prävention derselben…

Die arterielle Hypertonie ist die Hauptursache der diastolischen Dysfunktion und 25% der asymptomatischen Hypertoniker haben echokardiographische Zeichen der diastolischen Dysfunktion. Die konsequente Behandlung der Hypertonie ist deshalb ein wichtiger Eckpfeiler der Prävention der diastolischen Herzinsuffizienz. Welche Antihypertensiva die beste Effizienz bei der Prävention der diastolischen Herzinsuffizienz haben ist nach wie vor umstritten. Die meisten Antihypertensiva reduzieren die linksventrikuläre Masse und damit einen wesentlichen pathophysiologischen Faktor für die diastolische Dysfunktion.

 

… beinhaltet bei herzinsuffizienten Patienten allgemeine Massnahmen, wie…
  • Optimale Therapie der Hypertension
  • Erhaltung der atrialen Funktion (Sinusrhythmus) oder mindestens adäquate Frequenzkontrolle
  • Therapie der myokardialen Ischämie
  • Salzrestriktion
  • Vorsichtiger Umgang mit Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Cox-2-Inhibitoren

Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz haben häufig eine enge Toleranz für Schwankungen ihres Volumenstatus. Übermässige Salzzufuhr kann den Volumenstatus dieser Patienten innert wenigen Stunden ansteigen lassen und Symptome verursachen. Deshalb ist die konsequente Einhaltung einer Salzrestriktion für den Erfolg der Therapie wichtig. Nichtsteroidale Antirheumatika, Cox-2-Inhibitoren und Steroide führen zu einer erhöhten Salzretention und sollten nur kontrolliert bei Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz eingesetzt werden.

 

… stützt sich auf die medikamentöse Therapie…

Im Gegensatz zur systolischen Herzinsuffizienz gibt es weniger Evidenz zur Behandlung der diastolischen Herzinsuffizienz. Ziel der medikamentösen Therapie muss es sein, die Progression der Erkrankung zu verlangsamen, die Morbidität und Mortalität zu vermindern und die Symptome zu verbessern.

 

… mit Diuretika…

Diuretika vermindern Symptome bei Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz, haben aber wahrscheinlich keinen wesentlichen Effekt auf die Prognose der Erkrankung. Meistens müssen bei dem symptomatischen Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz Schleifendiuretika eingesetzt werden, weil die Hydrochlorothiazide und Aldosteronantagonisten zu wenige effektiv sind. Ziel der diuretischen Therapie ist es, einen zentralvenösen Druck (ZVD) von 7-8 cm Wasser zu erreichen. Eine «Überdiuretisierung» sollte unbedingt vermieden werden, weil diese zu einer zu starken Reduktion der Vorlast und damit zu Hypotonie und Niereninsuffizienz führt.

 

… mit Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Systems.

ACE-Hemmer
Zwar gibt es bis anhin keine prospektiven Studien, die einen günstigen Effekt von ACE-Hemmern auf die Mortalität oder Morbidität bei diastolischer Herzinsuffizienz beweisen, und Patienten mit diastolischer Dysfunktion profitieren kaum von einer Nachlastsenkung. Trotzdem gibt es gute Gründe, ACE-Hemmer für die Behandlung der diastolischen Dysfunktion und Herzinsuffizienz einzusetzen, weil sie

  • die linksventrikuläre Hypertrophie reduzieren können,
  • die myokardiale Fibrose möglicherweise vermindern und
  • bei diuretisierten Patienten die Aktivierung des Renin-Angiontensin-System reduzieren.

Angiotensin-Rezeptor-Blocker
Die besten Endpunktdaten für die Behandlung der diastolischen Herzinsuffizienz stammen von einer grossen, kürzlich publizierten Studie mit einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker. In der CHARM-Studie (Candesartan in Heart failure Assessment of Reduction in Mortality and morbidity) reduzierte Candesartan bei 3’025 Patienten mit Herzinsuffizienz und «erhaltener» linksventrikulärer Funktion (LVEF > 40%; tatsächliche LVEF 54%) über drei Jahre die Herzinsuffizienz-bedingten Hospitalisationen um 18% (p = 0.017), knapp aber nicht den kombinierten, primären Endpunkt (Mortalität oder herzinsuffizienzbedingte Hospitalisation; reduziert um 14%, p = 0.051).

 

Für die symptomatische Therapie der diastolischen Herzinsuffizienz kommen in Frage…

… Betablocker...

Betablocker kommen zur Reduktion der Herzfrequenz und damit zur Verbesserung der linksventrikulären Füllung, speziell bei körperlicher Belastung und bei Vorhofflimmern, als erste Wahl in Frage. Die am diesjährigen ESC-Kongress präsentierte, aber noch nicht publizierte, SENIORS-Studie (Study of Effects of Nebivolol Intervention on Outcomes and Rehospitalization in Seniors with Heart Failure) zeigte, dass auch ältere, herzinsuffiziente Patienten (im Mittel 76-jährig) von einem Betablocker profitieren. In einer Subgruppenanalyse fand sich dabei, dass Patienten mit einer mässig erhaltenen systolischen Funktion (LVEF > 35%) leicht mehr von dem hoch-kardioselektiven Betablocker Nebivolol profitierten, als solche mit einer reduzierten LVEF von < 35%.

 

… bradykardisierende Kalziumkanalblocker.

Zwar gibt es keine prospektiven, placebokontrollierte Mortalitäts- oder Morbiditätsstudien, die einen günstigen Effekt von Kalziumkanalblocker bei Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz beweisen. Aber invasive Studien bei Patienten mit hypertropher, obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) und nach Aortenklappenersatzoperation wegen schwerer Aortenstenose haben gezeigt, dass Verapamil und Diltiazem einen direkten, relaxationsverbessernden (lusitropen) Effekt auf das Myokard haben.

 

 

Dr. med. Thomas M. Suter, Schweizer Herz- und Gefässzentrum Bern, Universitätsklinik Inselspital, Bern.



 
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