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Rhythmusstörungen bei Herzgesunden

„Herzgesund“ heisst:

  • Berschwerdefreiheit, ausser Palpitationen
  • Keine kardiovaskulären Risikofaktoren
  • Normales Ruhe-EKG
  • Normale Leistungsfähigkeit (objektiviert mit Belastungs-EKG)
  • Normaler Herz-Lungenstatus (objektiviert mit Echo)

 

Extrasystolen (ES)

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen supraventrikulären (SVES) und ventrikulären ES (VES). Normalerweise haben SVES schmale, VES breitere QRS. Falls dies nicht so deutlich ist kann ein weiteres Kriterium helfen, zwischen VES und SVES zu unterscheiden:

  • Nach einer VES folgt eine voll kompensatorische Pause (zwischen R vor der ES und R nach der ES liegen genau 2RR)
  • Nach einer SVES folgt eine nicht-kompensatorische Pause (Sinus-Sinus-Intervall < 2RR)

Unterscheidung SVES - VES

 

Treten gekoppelte ES auf, spricht man von einem Bigeminus bei einem SR zu ES Verhältnis von 1:1 oder von einem Trigeminus bei einem SR zu ES Verhältnis von 2:1

 

Bei den repetitiven ES unterscheidet man

  • Couplet
  • Triplet
  • Anhaltende Tachykardien (warm up – cool down = am Anfang schnellere Frequenz, dann langsamer werdend)

Therapie

 

Bei monotopen VES:

  • sind harmols, keine Therapie
  • belastungsinduziert: Betablocker, evtl. Verapamil
  • Fokusablation erwägen

Bei polytopen VES:

  • Sportverbot, Betablocker oder evtl. Amiodaron, wenn eine akute Myokarditis vorliegt

Bei repetitiven VES / nicht anhaltenden Kammertachykardien

  • Weitere Abklärungen (MRI, EPS, evtl. Ablation)

 

Supraventrikuläre Tachykardien

Bei den supraventrikulären Tachykardien liegt entweder ein Reentry-Mechanismus (häufig) oder ein ektoper Fokus (selten) vor. Jedes Reentry beginnt mit einer ES, die Tachykardie ist fix-frequent. Grundsätzlich können drei Mechanismen unterschieden werden

  • AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (im Knoten selbst, keine P-Wellen)
  • AV-Reentry-Tachykardie: WPW am häufigsten (über Kent-Bündel, langes PR)
  • Atriale Tachykardie (ektoper Fokus, kurzes PR)

WPW: Charakteristisch beim WPW ist der elektrische Alternans in der Tachykardie (hohe Amplitude - weniger hohe Amplitude – hohe Amplitude usw.).

 

Elektrischer Alternans

 

 

Männer sind gleich häufig betroffen wie Frauen.

 

Für ein WPW sprechen folgende Kriterien

  • Bei Peak-Belastung auftretend
  • Typisch in Pubertät, Adoleszenz
  • Delta Welle im EKG, wenn keine Tachykardie


Therapie AV-Knoten-Reentry-Tachykardie

  • 1. Vagus-Manöver (Karotismassage einseitig, Würgreflex)
  • 2. Therapie der Wahl: 6-12 mg Adenosin als Bolus i.v., mit 20 ml NaCl nachspülen! Nur wenn der Patient ein unangenehmes Gefühl beschreibt ist das Adenosin im Herzen angekommen.
  • 3. Verapamil 5-10 mg langsam i.v., aufgepasst bei Betablockade. Ist in der Praxis nicht routinemässig zu empfehlen.
  • 4. Elektrophysiologische Untersuchung und Ablation als Dauertherapie. Erfolgsrate > 90%, 5-10% Rezidive, Komplikationen < 1% (AV-Block, Perikarderguss, Thromboembolie, inguinale AV-Fistel)

 

Therapie AV-Reentry-Tachykardie (WPW)

  • 1. Medikamentös: Ajmalin 1 mg/kg über 5 min.
  • 2. Kardioversion bei hämodynamischer Instabilität
  • Verapamil, Adenosin und Digitalis sind kontraindiziert

 

 

Vorhofflimmern, Vorhofflattern

VHFli oder VHFla ist häufig eine Folge einer Herzerkrankung, kommt aber auch bei Herz-Gesunden vor.

 

VHFla

 

VHFla ist eine sehr refraktäre Rhythmusstörung, sollte deshalb langfristig nicht mit Antiarrhythmika behandelt werden.

 

Typisches Vorhofflattern

 

 

Notfalltherapie

  • 1. Vagus-Manöver
  • 2. Metoprolol 5-15 mg i.v. , dann Karotismassage
  • 3. 150 mg Amiodaron als Kurzinfusion
  • 4. Elektrokonversion

Durch die Isthmusablation kann das Problem dauerhaft gelöst werden.

 

VHFli

 

Das paroxysmale VHFli ist für die Patienten oft sehr unangenehm, aber keineswegs gefährlich. Das VHFli verschwindet oft wieder so wie es auftritt und ist damit ein Zeichen für einen gesunden Vorhof.

 

Bei persistierendem VHFli kommt es mit der Zeit zur Zunahme der atrialen Myokardmasse und zur Fibrosierung und Vernarbung von Myokard. Die Folge kann eine Sinusknotendysfunktion sein („electric remodelling“).

 

Trigger sind atriale Toxine (Alkohol, T3), Katecholamine (Herzinsuffizienz, Pneumonie, usw.) sowie mechanischer Stress (Mitralinsuffizienz, Hypertonie).

 

Therapie

  • Paroxysmales VHFli: atriale Toxine und adrenergen Stress vermeiden, Betablocker-, ARR-Therapie, PV-Isolation
  • Persistierendes VHFli: frühe und repetitive Elektrokonversion (Remodelling verhindern)
  • Permanentes VHFli: Klappenchirurgie, Myokardmasse vermindern, lineare Ablation, präventives Pacing
  • Indikation für orale Antikoagulation muss immer geprüft werden.

 

Kammertachykardien bei strukturell normalem Herzen

Man unterscheidet

  • Idiopathische Kammertychykardien
    - Rechtsventrikuläre Ausflusstachykardie RVOT: Trigger sind Katecholamine. EKG: Linksschenkelblock, inferiore Achse. Therapie: Adenosin, Verapamil und Betablocker, Heilung durch Radiofrequenzablation möglich (bei 90%)
    - Idiopathisch links-posteriofaszikuläre Kammertachykardie
  • Langes QT-Syndrom (kongenital oder erworben): häufig medikamentös bedingt, z.B. durch Methadon, Interaktionen (siehe www.qtdrugs.org), Hypokaliämie, Hypomagnesiämie. Gefahr: Torsades-de-pointes

    Torsades-de-pointes im EKG

     

  • Brugada-Syndrom: Vor allem bei Menschen aus Sri Lanke, von den Philippinen, sterben plötzlich in der Nacht. EKG: Hoher ST-Abgang mit deszendierender ST-Streckenhebung.

Brugada-Syndrom: EKG nach Tambocor 2 mg/kg i.v.

 

 

Zusammenfassung

Diagnostik

  • Anamnese (Palpitationen, Herzjagen, Schwindel, Synkopen)
  • Klinische Unersuchung und EKG
  • Dokumentation mit Holter / Event-Recorder
  • Weitere kardiologische Abklärung mittels Belastungs-EKG, Echo und evtl. EPS bei
    - Tachykardie-Anamnese / Dokumentation
    - Schwindel mit Palpitationen
    - Synkope
    - Prognostisch ernsthaften Verdachtsdiagnosen

Therapie

  • SVES und monotope VES: keine Therapie
  • Polytope VES: abklären, Betablocker
  • Repetitive monotope VES: Betablocker, Verapamil, Ablation
  • Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie: Ablation, Betablocker, Verapamil
  • VHFla: Betablocker oder Ablation
  • VHFli: Betablocker, Amiodaron oder Ablation
  • Kammertachykardie: abklären, dann Therapie je nach Aetiologie

 
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02.11.2005 - dde
 



 
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