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Werden Ärzte durch Paramedics verdrängt?

Tendenzen und Entwicklungen, die bei den Ärzten Bedenken auslösen, haben Hochkonjunktur. Jetzt sollen „Paramedics“ den Grundversorgern noch einen Teil ihres Kerngeschäftes wegnehmen. Wirklich?

Daniel Flach

Daniel Flach
 
Als Arzt sitzen Sie in einer Versammlung ihres Medizinischen Bezirksvereines und diskutieren - wie schon mehrmals - mit ihren Kollegen über den kommenden Ärztemangel und den obligatorischen Notfalldienst.

 

Die einen finden keinen Nachfolger für ihre alteingesessenen Praxen. Die andern haben genug davon, Nacht für Nacht und Wochenende für Wochenende, präsent sein zu müssen.

 

Und da hören sie, wie ein Kollege ernsthaft vorschlägt, in ihrer Region Paramedics als Hilfspersonen für die Betreuung von Patienten einzusetzen. Blutdruckkontrollen, regelmässige Überprüfung der Einstellung von Diabetikern, Verschreiben der Langzeitantikoagulation, Gewichtsmessungen und immerwährendes Wiederholen von Diätempfehlungen, das und noch viel mehr sollen nicht mehr die spärlich werdenden Grundversorger ausführen, sondern sich dies von Nurse Practitioners abnehmen lassen. Und dazu die Hausbesuche. Erstbeurteilung von akuten nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen, psychosoziale Visiten bei chronisch Kranken und gar die Sterbebegleitung: Auch dies soll in Zukunft nicht mehr die Aufgabe von Hausärzten sein, sondern von Pflegefachleuten mit einer Zusatzausbildung an einer Fachhochschule, Nurse Practitioners oder auch Paramedics genannt.

 

Sie sitzen also in dieser Versammlung, und wie reagieren Sie?

Ja, wissen Sie denn, dass es in Fachhochschulen hier zu Lande die Ausbildung zum Advanced Nursing Practitioner mit Masterdegree gibt? Und dass das Bundesamt für Gesundheitswesen ernsthaft darüber nachdenkt, es anderen Ländern gleichzutun, nämlich in der Grundversorgung mehr und mehr auf Paramedics zu setzen und damit Kosten zu reduzieren?

 

Wenn ich die obige Episode, die sich in ähnlicher Form in einer Ärzteversammlung zugetragen hat, jeweils unter Kollegen schildere und diskutiere, dann kommen mir in den meisten Fällen ähnliche Reaktionen entgegen: Kopfschütteln, Unverständnis und Ablehnung.

 

Zwei Arbeiten im British Medical Journal vom Oktober dieses Jahres befassen sich mit der Praktikabilität und Qualität von Paramedics-Einsätzen. Die Autoren kommen zum Schluss, dass mit einer entsprechenden Ausbildung und Supervision der Einsatz von Paramedics anstelle von Ärzten in definierten Situationen durchaus realistisch sei (1, 2).  Künzi und Detzel postulieren in einer Arbeit des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums obsan, ebenfalls diesen Oktober erschienen, dass in der Schweiz der Einsatz von Nurse Practitioners zur Unterstützung der Grundversorger sowohl in den Praxen, im Notfall wie auch für Hausbesuche durchaus eine Option sei, nicht zuletzt aus Gründen der Kosteneffektivität, und deshalb erwogen werden sollte.

 

In den letzten Jahren hat sich die Ärzteschaft von der Politik und der Verwaltung viel diktieren lassen. Das Heft wurde aus der Hand gegeben oder zu spät realisierte man, dass der Zug schon abgefahren war. In der Frage der Nurse Practitioners könnten nun die Grundversorger wahre Innovationsbereitschaft zeigen und ein Zukunftsmodell aufbauen, in dem die Grundversorgung inklusive Notfalldienst nach wie vor eine Kernkompetenz der Hausärzte darstellen würde, neu aber mit von den Ärzten definierten und unterstützten Einsätzen von Paramedics. Hierzu wäre von den Grundversorgern ein proaktives Handeln von Vorteil, ebenso wie das Abbauen von Vorurteilen gegenüber Nurse Practitioners. Eine einmalige und grossartige Chance, die man sich nicht von andern nehmen lassen sollte!


Referenzen:

(1) Mason S et al. Effectiveness of paramedic practitioners in attending 999 calls from elderly people in the community: Cluster randomised controlled trial. BMJ 2007 Oct 4

(2) Woollard M. Paramedic practitioners and emergency admissions. BMJ 2007 Oct 4

(3) Künzi K, Detzel P. Innovationen in der ambulanten Grundversorgung durch vermehrten Einbezug nichtärztlicher Berufsleute. Literaturübersicht und Ein-schätzung
von Berufsvertreter/innen. Arbeitsdokument 27, Büro für arbeits- und sozialpoli-tische Studien BASS, Neuchâtel, Oct 2007


Dr. med. Daniel Flach
Leitender Arzt / Geschäftsführer
City Notfall AG Bern

www.citynotfall.ch

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27.12.2007 - gem

 
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