Extraperitoneale roboterassistierte radikale Prostatektomie
„Roboterchirurgie“ war bis Ende des letzten Jahrhunderts mehr Fiktion als Wirklichkeit. Mit der Einführung des da Vinci Gerätes von Intuitive Surgical hat sich das Bild geändert. Ein damit erfahrener Urologe beschreibt den Einsatz von da Vinci bei der roboterassisitierten radikalen Prostatektomie.
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John Hubert |
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Zum Film
Heute kann der Zugang für eine radikale Prostatektomie offen retropubisch, offen perineal oder laparoskopisch erfolgen. Die konventionelle Laparoskopie mit langer Lernkurve und eingeschränkter Instrumentenbeweglichkeit wurde in den vergangenen 3 Jahren durch die daVinci-Technologie („roboterassistierte Technik“) wesentlich verbessert und zunehmend abgelöst. Vorteile der daVinci-Technologie sind die 3D-Sicht und der Tremorfilter des Operateurs sowie die Beweglichkeit der Instrumente wie in der freien Hand (Abb.1+2) In den USA werden 2006 ca. 40% aller radikalen Prostatektomien mit der da Vinci-Technologie, 2% konventionell laparoskopisch und ca.60% mit einem offenen Zugang durchgeführt. Potentielle Vorteile des extraperitonealen Zuganges sind der Schutz vor intestinalen Komplikationen, eine deutlich geringere Kopftieflage während der Operation, keine postoperativen peritonealen Reizungen (paralytischer Subileus) und räumliche Abgeschlossenheit im Falle eines Urinoms oder einer Nachblutung.
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Abbildung 1: da Vinci-Telemanipulator mit ergonomischer Konsole | |
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Abbildung 2: Der Roboter ist an die laparoskopischen Zugänge gekoppelt. Die Instrumente haben eine vollständige Bewegungsfreiheit. | |
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Technik
Die hintere Rektus abdominis Aponeurose wird dargestellt und entlang dieser digital der Extraperitonealraum eröffnet und anschliessend mit einem Dilatationstrokar weiter ausgedehnt. Nach Einlage der 5 Arbeitstrokare unter Sicht werden die Roboterarme gekoppelt. Es erfolgt dann die Durchstechung des Plexus Santorini nach Inzision der endopelvinen Faszie und Darstellung der proximalen Harnröhre. Die Prostatektomie erfolgt deszendierend (Abb.3).
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Abbildung 3: Blasenhalsschonende, deszendierende radikale Prostatektomie. Die Samenblasenspitzen werden beim nervenschonenden Vorgehen belassen | |
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Abbildung 4: Die Samenleiter werden durchtrennt. Schonen der Samenblasenspitzen. Die neurovaskulären Bündel werden deszendierend nach dorsolateral abgeschoben unter strikter Vermeidung von monopolarem- und bipolarem Strom. | |
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Die Absetzung des Präparates erfolgt mit einem möglichst langen Harnröhrenstumpf. Die Anastomose wird entweder fortlaufend oder mit Einzelnähten vorgenommen (Abb.5).
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Abbildung 5: Die Prostata wird mit einem möglichst langen Harnröhrenstumpf abgesetzt und die Anastomose fortlaufend oder mit Einzelknopfnähten vorgenommen. | |
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Abbildung 6: Wasserdichte Anastomose mit Einzelknopfnähten | |
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Ein Redon wird nach Bergen des Präparates durch die Mediane für 24h eingelegt und die Infusion nach dieser Zeit bei guter oraler Flüssigkeitsaufnahme entfernt. Die Analgesie wird mit Paracetamol durchgeführt und muss häufig nur noch in Reserve ab dem 2.postoperativen Tag abgegeben werden. Die Blasenkatheterentfernung wird am 7.postoperativen Tag mit anschliessendem Miktionsprotokoll durchgeführt.
Resultate
Seit der ersten Operation in der Schweiz im September 2002 wurde die daVinci-Technik schrittweise standardisiert und der Autor überblickt heute über 300 daVinci–Operationen [200 am Universitätsspital Zürich 2002-2005 (mit Dr. D. Schmid) und 100 an der Klinik Hirslanden seit September 2005 (mit Dr.J.-Fehr)]. In der Folge werden die letzten 100 Fälle zusammengefasst.
Kriterium |
N |
Resultate |
Patienten |
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Alter |
100 |
64 (44-76) Jahre |
PSA |
100 |
6.7 (1.2-53) ng/ml |
Body mass index (BMI) |
100 |
27 (22-37) |
Operative Daten |
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Operationszeit |
100 |
180 (140-295) Minuten |
Blutverlust |
100 |
300 (40-1100) ml |
Konversion |
100 |
0% |
Komplikationen |
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Rektumverletzung |
0/100 |
0% |
Ureterverletzung |
0/100 |
0% |
Nachblutungen |
2/100 |
2% |
Wundinfekte |
0/100 |
0% |
Anastomosenleck |
2/100 |
2% |
Lymphozele |
5/100 |
5% |
Katheterverweildauer |
100 |
7d (median) |
Arbeitsaufnahme 100% |
20 |
21 Tage (median) |
Kontinenz |
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Kontinenz 6 Wochen |
81 |
68% (40% in 1.Serie) |
Kontinenz 3 Monate |
61 |
73% (53% in 1.Serie) |
Kontinenz 6 Monate |
43 |
95% (73% in 1.Serie) |
Onkologie |
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Tumorvolumen |
100 |
2.65 (0.05-58) ccm (davon 3%<0.5ccm) |
Positive margins T2 |
79 |
14% |
PSA-Wiederanstieg |
100 |
3% (medianer Follow-up nach 6.5 (1-12 Monaten) |
Schlussfolgerung
Die roboterassistierte laparoskopische Prostatektomie ermöglicht die kurative radikale Prostatektomie mit maximaler Gewebeschonung, kleinstem Blutverlust und sehr guter Erhaltung der erektilen Funktion und Kontinenz. Die Erholung des Patienten nach dem Eingriff ist deshalb kurz und erlaubt eine baldige Rückkehr zum Arbeitsplatz. Dennoch benötigt die Technologie eine bedeutende Lernkurve von bis zu 200 Operationen, bis onkologisch und funktionell diejenigen Resultate erreicht werden, die der bisherige Standard, die retropubische offene Prostatektomie, in besten Händen erreicht.
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Mediscope
01.11.2006 - gem