Die empathische Katz
Einfühlung läuft über viele Wahrnehmungskanäle. Über einen ganz besonderen verfügt ein Kater, der in der terminalen Pflege Ausserordentliches leistet.
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Klaus Neftel |
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Im,„Steere House Nursing and Rehabilitation Center“ in Providence, Rhode Island gibt es eine Plakette mit der Inschrift „ For his compassionate hospice care, this plaque is awarded to Oscar the Cat“. Die Plakette hängt an einer Wand im dritten Stock, in dem Oscar sein damit geehrtes Wirken entfaltet. Oscar ist ein Kater mit einer unheimlichen Fähigkeit. Er kann den Tod von Heiminsassen bis zu vier Stunden voraussagen.
Oscar kam schon als kleines Kätzchen ins Heim und wuchs in einer Abteilung für Demenzkranke auf. Eine Schmusekatze wurde er nie. Er fiel durch Distanziertheit auf und begann schon früh nach eigenen Regeln die Patienten zu visitieren. Viele kontaktiert er nur kurz und oberflächlich, beobachtet sie kurz und riecht an ihnen, um sie dann wieder zu verlassen. Wenn er sich aber auf einem Bett niederlässt, stirbt der betreffende Patient meistens in den nächsten vier Stunden. Oscar ist voll ins Pflegepersonal integriert, wird respektiert und auch von den Angehörigen geschätzt, die ihn überhaupt nicht als Sensemann in Katzengestalt wahrnehmen. Vielmehr sind sie dankbar, dass sie wegen Oscar frühzeitig benachrichtigt werden und viele schätzen auch die ruhige, liebevolle Gegenwart der Katze im Moment des Abschieds. Wenn der Tod eingetreten ist, verlässt Oscar ruhig das Zimmer.
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Oscar, ein Kater mit unheimlicher Fähigkeit | |
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Bis im Sommer 2007 lag Oscar in 25 Fällen richtig; getäuscht hat er sich nur ganz selten. Was der Kater wahrnimmt, ist noch im Dunkeln. Ein verräterischer Geruch ist der erste Gedanke. Viele andere Möglichkeiten wurden erwogen: Feine Temperaturschwankungen, die Hautdurchblutung, eventuell doch unbewusste Wahrnehmungen des Pflegepersonals, für die Oscar als Übersetzer funktioniert ……. Da müsste sich doch etwas wissenschaftlich Relevantes dahinter verbergen. Aussagekräftige Experimente zur Lösung des Rätsels sind wahrscheinlich nicht so schwer zu finden: Sammeln der Ausatmungsluft Sterbender, Auswechseln oder Geruchsbehandlung der Bettwäsche, Heizen der Betten, Transfer von Oscar in ein anderes Heim, temporäres Auswechseln des Pflegepersonals, Einsatz von Puppen und so weiter.
Zum Glück ist die Einstellung Ärzte und des Pflegepersonal eine andere. „Leave Oscar and his patients in peace.“ Solange Oscar seinen selbstgeschaffenen Job souverän, diskret und mit derart katzenhafter Empathie ausfüllt will im Heim niemand das Geheimnis des Katers anrühren.
Klaus Neftel
Referenzen
Dosa MD. A Day in the Life of Oscar the Cat. NEJM; 357: 328 - 329 http://content.nejm.org/cgi/content/full/357/4/328
http://www.steerehouse.org/matriarch/
Mediscope
14.05.2008 - gem