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Feinstaub – wie geht die Lunge mit Partikeln um

„Wir müssen bei der Diskussion zur Lösung der Feinstaub-Problematik zur Sachlichkeit zurückkehren" mahnte ein deutscher Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Das heisst, zu harten Daten.

Peter Gehr
 

Bereits im Anatomischen Atlas von Leonardo da Vinci steht über der Trachea „Staub ist schädlich“. Heute wissen wir, dass vor allem Feinstaub aus Verbrennungsprozessen gesundheitsschädigende Wirkungen haben kann. So ist bekannt, dass die Russpartikel der Dieselabgase unzählige krebserregende Substanzen enthalten. Sie verursachen zudem kardiovaskuläre Erkrankungen und führen zu einer erhöhten Anfälligkeit für Atemwegserkrankungen sowie zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion.

 

Feinstaub besteht aus Partikeln mit einem Durchmesser von weniger als 10 mm (10 Tausendstel Millimeter; als PM10 bezeichnet: „particulate matter“ < 10 mm). Je kleiner die Partikel des Feinstaubes sind, desto tiefer dringen sie in die Lunge ein, desto grösser ist ihre Deposition im Gasaustauschbereich der Lunge und desto länger bleiben sie auch in der Lunge. Seit kurzem gibt es Hinweise darauf, dass die kleinsten Partikel des Feinstaubes, die sog. ultrafeinen Partikel, resp. Nanopartikel (Durchmesser weniger als 0.1 mm), vor allem gesundheitsschädigend wirken können sowie eine reduzierte Lungenfunktion verursachen dürften. Wir wissen aus eigenen Studien mit kleinen Nagern, dass sie nach Einatmung und Deposition auf der inneren Lungenoberfläche innert weniger als einer Stunde das ganze Lungengewebe durchdringen können.

 

Man findet ultrafeine Partikel in den Zellen und nicht zuletzt auch in den Erythrozyten der Lungenkapillaren. Das bedeutet, dass sie mit dem Blut im ganzen Organismus verteilt werden können. Forschungsarbeiten anderer Gruppen haben gezeigt, dass diese Partikel in verschiedenen Organen, z.B. auch im Herz oder sogar im Gehirn, aufgenommen werden und dort wieder in Zellen eintreten. Im Gehirn scheinen diese kleinsten Partikel also die Blut-Hirnschranke zu überwinden.

 

Die innere Lungenoberfläche, über welcher der Gasaustausch stattfindet, beträgt nach eigenen Messungen etwa 140 m², was der Grösse eines Tennisfeldes entspricht. Die Lunge stellt also eine riesige Eingangspforte unseres Organismus für solche Kleinstpartikel dar. Und die Tatsache, dass die Partikel in Zellen, ja auch in Mitochondrien, auf deren Innenmembran die Atmungskette lokalisiert ist, und sogar in deren Kernen, in denen sich die DNA befindet, gefunden werden können, rechtfertigen sicher, sie als ein potentielles Gesundheitsrisiko zu betrachten.

 

Aus einer Studie mit Ratten ist bekannt, dass Feinstäube Lungenkrebs erzeugen können. Nanopartikel sind dabei am wirkungsvollsten. Aus epidemiologischen Untersuchungen bestehen Hinweise, dass beim Menschen bei entsprechender Exposition eine gleiche Krebs-erzeugende Wirkung möglich ist.

 

Eine Exposition mit kleinsten Silikapartikeln oder metallhaltigen Partikeln in hohen Konzentrationen begünstigt die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, eine der häufigsten Todesursachen. Bei aussergewöhnlich hoher Partikelkonzentration ist die Häufigkeit von Herzinfarkten erhöht. Partikel können Herzrhythmusstörungen, die bis zum Infarkt führen, verursachen. Nanopartikel können Entzündungsvorgänge im Lungengewebe auslösen, wodurch via Botenstoffe die Blutgerinnung aktiviert und dadurch eine raschere Arteriosklerose initiiert wird. Das Herzinfarktrisiko kann damit zunehmen.

 

Die kleinsten ultrafeinen Partikel können aber auch bereits in der Nase in die dort der Aussenluft ausgesetzten olfaktorischen Nerven eintreten. Sie werden dann offensichtlich entlang der Nervenfasern in das Gehirn transportiert, da man sie dort in Neuronen wieder findet. Der Eintritt solcher Kleinstpartikel in das Gehirn kann allem Anschein nach entzündliche Veränderungen verursachen (β-Amyloid-Plaques), wie man sie als Vorläufer von Veränderungen, die für die Alzheimerkrankheit typisch sind, kennt.

 

Auch wenn bisher kein direkter Zusammenhang zwischen der Einatmung von ultrafeinen Partikeln, wie sie bei der Dieseltreibstoffverbrennung in grosser Menge entstehen, und der Alzheimerkrankheit aufgezeigt werden kann, so stimmen doch wissenschaftlichen Befunde dieser Art nachdenklich und rechtfertigen, diesen Befunden besondere Beachtung zu schenken.

 

Das Wissen um die potentielle Gesundheitsgefährdung durch die Einatmung dieser kleinsten Partikel und deren raschen Eintritt in das Lungengewebe oder in die olfaktorischen Nerven sollte Grund genug sein, unverzüglich alle Dieselfahrzeuge mit Filtern auszurüsten. Partikelfilter sind sehr effizient. Sie filtern >99% (Anzahl) der Partikel aus den Abgasen heraus und sind zurzeit die einzige Möglichkeit, diese potentiell gefährlichen Partikel aus den Abgasen von Dieselfahrzeugen zu entfernen.

 

Professor Peter Gehr, Institut für Anatomie, Universität Bern

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03.01.2007 - dde

 
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